Beim Blackout: Wer im Handel wie vorbereitet ist
Wie super sind die Märkte auf Blackout vorbereitet. Und wer hat welche Performance im Lebensmittelhandel, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Ein Blick hinter die Kulissen des täglichen Einkaufs.
Wenn man ehrlich ist, muss man eingestehen: Eigentlich ist es lästig. Nach der Arbeit, wenn es die Menschen schon nach Hause zieht in den Pool oder aufs warme Sofa – je nach Jahreszeit –, muss man feststellen: Da fehlt noch was. Der Lebensmitteleinkauf. Eigentlich, so der erste Gedanke, sollte das ja in fünf Minuten erledigt sein. Doch ist man erst einmal im Laden, gibt es immer etwas zu entdecken. Und aus den fünf Minuten werden schnell 30. Nicht zuletzt, weil man bei der Kassa doch wieder länger warten musste als erhofft.
Täglich hat man also mit ihm zu tun. Er versorgt uns mit dem Wichtigsten, das wir benötigen: Nahrung. Und doch zählt das Image des Lebensmittelhandels nicht gerade zu den Besten. Teuer. Umweltverschmutzend. Energiefresser. Bodenversiegler. Und Totengräber der Bauern. So lauten die Vorurteile, die immer wieder gegen die Branche vorgebracht werden. Doch wirklich haltbar sind sie nicht. Und blickt man etwas genauer hinter die Kulissen, wird schnell klar, dass der Lebenshandel nicht nur für unser leibliches Wohl sorgt, sondern auch gesellschaftspolitische Aufgaben übernimmt.
Geringer Bodenverbrauch
Ein in letzter Zeit beliebter Vorwurf lautet: Bodenversiegelung. Neu errichtete Geschäfte außerhalb der Kleinstädte mit eigenem Parkplatz würden den Bodenverbrauch vorantreiben.
Ohne Zweifel sind die Flächen auffällig. Aber wenn es um Flächenversiegelung geht, spielt der Handel keine wirkliche Rolle, wie eine Studie aus dem Oktober des Vorjahres zeigt. Und der Lebensmittelhandel noch weniger.
Wer wie viel Boden verbraucht, das war genau die Fragestellung der Untersuchung von Standort+Markt. Das Ergebnis: An erster Stelle steht der Wohnbau mit 45,4 Prozent. Dahinter folgen Straßen mit 36 Prozent. Und der Handel? „Der Handel ist mit 0,6 Prozent der gesamten Flächeninanspruchnahme in Österreich nicht der Treiber des Bodenverbrauchs, sondern eine Randerscheinung. Für die bisherige Flächeninanspruchnahme sind schwerpunktmäßig der Wohnbau mit 45,4 Prozent, Verkehrsflächen mit 36,0 Prozent und handelsfremde Betriebsflächen mit 10,9 Prozent verantwortlich. Dennoch sichert der Handel in allen Regionen die Nahversorgung und belebt Gemeinden“, fasst Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, der die Studie in Auftrag gab, die wesentlichen Ergebnisse zusammen.
Die Studie erlaubt aber einen noch deutlicheren Blick in die Bodenverteilung. So sind von der Gesamtfläche Österreichs, also 83.883 km2, 2.411 km2 tatsächlich versiegelt. Betriebsflächen machen 683 km2 aus. Von diesen verbraucht die Verkaufsfläche des gesamten österreichischen Handels 13,2 km2. Rechnet man nun noch Parkplätze und Lagerflächen hinzu, kommt man auf 35,7 km2. Das entspricht 5,2 Prozent der gesamten Betriebsflächen des Landes. Der Bodenverbrauch von Lebensmittelhandel und Drogerien macht von diesen 35,7 km2 nur 40 Prozent aus.
Auch bei der Neuflächenversiegelung geht man einen behutsamen Weg. Im Schnitt der letzten drei Jahre betrug die im Lebensmittelhandel 0,19 km2 pro Jahr. „Bei einer zuletzt neu versiegelten Fläche von 24 km2 entspricht der Anteil des Lebensmittelhandels einem Wert von höchstens 0,79 Prozent an der gesamten jährlichen Neuversiegelung sowie einem Anstieg der bereits vom Lebensmittelhandel belegten Flächen um ca. 1,6 Prozent jährlich“, rechnet Will vor.
Nachhaltige Bebauung
Dass man sich in der Branche des Themas durchaus bewusst ist, zeigt nicht zuletzt, wie in den letzten Jahren gebaut wurde. Elektroladestationen zählen ja mittlerweile zur Grundausstattung jeder Parkfläche eines Supermarktes, soweit eine vorhanden ist. Doch die Überlegungen gehen mittlerweile schon viel weiter. Und zwar die von der Natur abgetrotzte Fläche dann möglichst naturnahe und umweltschonend zu nutzen.
Spar etwa siedelt seine Märkte zu mittlerweile 40 Prozent in Mehrnutzungsgebäuden an. Ist dies nicht möglich, wird versucht, die Klimaauswirkungen zu minimieren. Möglichkeiten dazu gibt es mehrere. Vor allem die Begrünung versucht man ins Zentrum zu rücken. So wurde etwa der Supermarkt in Ternitz neben Ladestationen auch mit begrünten Parkflächen ausgerüstet. Doch nicht nur die Parkfläche, auch das Dach wird genützt. Etwa, um darauf eine PV-Anlage zu betreiben. Oder, wie in Obertrum, um darüber Mietwohnungen zu errichten – die schließlich von der Gemeinde vergeben werden können. Oder aber, man nutzt die Dachfläche, um der Natur gleich ein Stück zurückzugeben. Und begrünt sie komplett, wie es Spar etwa in der Hüttelbergstraße in Wien umsetzte.
Dabei handelt es sich auch nicht um Vorzeigeprojekte. Sondern um erste Gehversuche zu einer neuen Supermarktbauweise. Nicht zuletzt, um auch dem Klimawandel entgegenzuwirken. So hat sich Spar zum Ziel gesetzt, die Märkte weiter zu begrünen. So werden Versickerungsflächen von Regenwasser nach Möglichkeit als Wiesen ausgestaltet. Bäume werden derzeit vorrangig am Grundstücksrand gepflanzt, um so für ausreichend Wurzelraum zu sorgen und auch den Fahrzeugen genug Platz zu gewährleisten. Doch zukünftig will man die Bäume auch zwischen den Parkplätzen einsetzen, um für Schatten zu sorgen. Überdachte Parkplätze sollen gewährleisten, dass die Sonne nicht zu sehr aufs Auto brennt. Sondern lieber auf die Photovoltaik-Anlage, die bei der Überdachung gleich mitgedacht wird.
Spar ist mit dieser Initiative nicht allein. Schon allein aus Image- und Kostengründen geht der Lebensmittelhandel bei Begrünung und klimagerechter Bebauung voran. Billa etwa setzt an der Grundstücksgrenze auf Bäume, die für Beschattung und ein Mikroklima sorgen sollen. Auch hier wird auf Dach- und Fassadenbegrünung gesetzt sowie Photovoltaik-Anlagen für den Eigenstrombedarf installiert.
Strom aus teils eigener Gewinnung oder zumindest Grünstrom gehört mittlerweile bei fast allen Supermarkt-Ketten zum guten Ton. Daneben versucht man, mit mehr oder weniger starker Begrünung nicht nur für mehr Natur, sondern auch für mehr Schatten für die Kunden zu sorgen. Gerade bei den heißen Sommern fast schon unumgänglich.
Und manche gehen noch ein Stückchen weiter. Versuchen, ihr Engagement in die Gesellschaft hineinzutragen. Und auch Ideen aus der Gesellschaft umzusetzen. So initiierte Spar etwa den „Vielfaltspreis zur Rettung der Artenvielfalt“. Damit verfolgt man das Ziel, die fundierte Auseinandersetzung mit Vielfaltsthemen bei jungen Erwachsenen zu fördern. Gesucht werden dabei die besten Vorwissenschaftlichen Arbeiten zu diesen Themen. Bewertet wird die inhaltliche und wissenschaftliche Qualität der Arbeiten von einer eigenen Expertenjury. In der sitzen neben Spar-Vorstand Markus Kaser unter anderem Robert Brodschneider von der Uni Graz, Greenpeace CEE-Geschäftsführer Alexander Egit oder Arche Noah-Geschäftsführer Bernd Kajtna.
Grün vor und hinter den Kulissen
Vielfältige Nahrung, das soll uns der Lebensmittelhandel bescheren. Um diese sauber, convenient und einfach im Handling zu halten, wurden in den letzten Jahrzehnten viele Produkte erfunden, die sich letztendlich als schädlich für das Klima und die Umwelt entpuppten. Beispielsweise Verpackungen können erhebliche Probleme hervorrufen. Schließlich wird auch die Logistik von vielen Verbrauchern hinterfragt. Weite Wege, oftmals in Kühltransportern, Hin- und Hertransportieren von Waren aus den verschiedensten Weltregionen, auch das belastet die Umwelt. Den Konsumenten ist dies auch klar. Daher geben laut der Studie „Whetting Consumers’ Appetite for Sustainable Foods“ der Boston Consulting Group weltweit auch fast 80 Prozent der Konsumenten an, dass sie bei ihren täglichen Entscheidungen bezüglich Lebensmittel auf Nachhaltigkeit achten. Doch bezüglich Selbstbild und Wirklichkeit klafft eine große Lücke. Denn nur 20 Prozent kaufen tatsächlich nachhaltige Lebensmittel ein.
Hauptsächlicher Verursacher dieser Lücke dürfte der Preis sein. 48 Prozent gaben diesen als Grund an, lieber doch auf nachhaltige Lebensmittel zu verzichten. 46 Prozent bemängeln die Zugänglichkeit. Was den Preis betrifft, stellten die Berater von Boston Consulting noch einen interessanten Widerspruch fest: Diejenigen, die auf den Erwerb von nachhaltigen Lebensmitteln verzichten, schätzen diese um fünf Prozent teurer ein, als sie in Wirklichkeit sind. Klarer Schluss der Bostoner: Jene Hürden zu beseitigen, die eben die 55 Prozent abhalten, nachhaltige Lebensmittel zu kaufen. Kurz: „Das bedeutet, dass man sich mit der Frage der Erschwinglichkeit befassen muss“, so der Bericht.
Für die Studie wurden zwar keine Teilnehmer aus Österreich befragt. Doch die Probleme dürften ähnlich gelagert sein. Dafür hat man sich auch einiges einfallen lassen. Bei den Verpackungen setzt man, zumindest beim Brot, wieder auf Papier. In vielen Spar-Märkten kann man auch sein Obst- und Gemüse wieder in Papier einwickeln, statt es in Plastik versenken zu müssen. Zudem führen die Supermarkt-Ketten hierzulande eine breite Range an Bio-Produkten. Neben den bekannten Marken auch Eigenmarken, meist sogar zwei verschiedene. Dennoch: Nachhaltige Lebensmittel sind nun einmal teurer. Also werden auch hinter den Kulissen Maßnahmen gesetzt, um etwa den CO2-Verbrauch zu minimieren. In erster Linie bietet sich hier die Logistik an.
So hat man sich etwa bei Spar zum Ziel gesetzt, die gesamte eigene Logistik spätestens bis 2050 auf komplett erneuerbare Energiequellen umzustellen. Einen Zwischenschritt setzt man nun durch die Umstellung auf biobasierten HVO-Treibstoff. Dieser Diesel-Ersatz wird aus Altspeiseöl gewonnen. Er soll bis zu 90 Prozent der Treibhausgas-Emissionen einsparen. „Der Betrieb unseres notwendigen Fuhrparks macht rund ein Drittel unserer eigenen Emissionen aus. Beim Klimaschutz möchten wir aber nicht warten, bis E-LKW die notwendige Reichweite haben, Stromnetze ausgebaut sind oder der benötigte grüne Wasserstoff zur Verfügung steht“, erläutert Spar-Logistik- und Innovationsvorstand Marcus Wild.
Auch bei Rewe experimentiert man mit E-LKWs. Dazu versucht man auch bei den Verpackungen anzusetzen. Neben raus aus Plastik versucht man, seine Bio-Produkte auch dementsprechend zu verpacken. So treibt man vor allem bei der Linie Ja! Natürlich Green Packaging voran. Sukzessive soll die Verpackung reduziert werden. Und dabei durch Zellulose-Folien oder -Netze aus FSC-zertifiziertem Holz, durch „Natural Branding“ sowie den Einsatz von Graspapier und biologisch abbaubare Beutel ersetzt werden.
Auch Hofer hat sich ambitionierte Ziele gesetzt. Bis 2025 sollen die CO2-Emissionen gegenüber 2016 um 25 Prozent reduziert werden. Der Fuhrpark spielt hier insofern eine Rolle, als dass er laufend auf modernste LKWs erneuert wird. Ansonsten setzt auch der Diskonter auf E-LKW – die zwar bereits getestet wurden, es aber noch nicht bis zur Serienreife schafften. Dafür versucht man, bei Ladungsträgern nachzuziehen. So kommen etwa eigens entwickelte Kunststoff-Halbpaletten oder die recycelbare IFCO-Mehrwegkiste zum Einsatz. In puncto Verpackung setzt man bei Hofer vor allem auf Recyling. So sollen bis Ende 2025 die Eigenmarken-Verpackungen entweder wiederverwendbar, recycelbar oder kompostierbar sein.
Lidl will den gesamten Lieferverkehr bis 2030 auf erneuerbare Energien umstellen.
Regionalität
Zu nachhaltigeren Lebensmitteln tragen aber auch kurze Wege bei. Regionalität weckt Vertrauen beim Konsumenten und stärkt gleichzeitig die heimische Landwirtschaft, in der Folge aber auch die vielfältigen heimischen Strukturen bis hin zur Almwirtschaft, die mittlerweile einen wesentlichen Teil zum Landschaftsbild beitragen.
Alle Supermarktketten forcieren deswegen regionale Produkte. Bei Hofer beteuert man, dass zumindest der Großteil des Sortiments von regionalen Produzenten stamme. Durch diese regionale Landwirtschaft trage man dazu bei, weitere Ressourcen zu bewahren, etwa sauberes Wasser, gesunde Böden und eine hohe Artenvielfalt. Während man bei Obst und Gemüse auf das saisonale Angebot angewiesen ist, versucht man bei Milchprodukten einen hohen Anteil heimischer Produktion in die Regale zu hieven. Auch Rind-, Schweine- und Hühnerfleisch sollen zu 100 Prozent aus Österreich angeliefert werden.
REWE will da in nichts nachstehen. Und so verspricht man, dass das Frischfleisch in den Billa-Märkten zur Gänze aus heimischer Produktion stamme. Mit der Eigenmarke Da komm ich her manifestiert man diese Versprechen speziell für Obst und Gemüse.
Ein ähnliches Konzept setzte man für Penny auf. Dort brachte man die Eigenmarke Ich bin Österreich in die Regale. Diese umfasst österreichische Produkte aus den Sektoren Fleisch und Wurst, Molkereiprodukte, Obst, Gemüse, alkoholfreie Getränke sowie Tiefkühlprodukte.
Sorgsamer Umgang
Auch der heimische Lebensmittelhändler Spar legt sein Augenmerk auf Produkte aus Österreich oder den angrenzenden Ländern. Dabei führt das hauseigene Qualitätsmanagement selbst Audits in den Produktionsbetrieben durch. Aufgrund des Konzepts der Regionalzentren kann man direkt vor Ort mit kleinstrukturierten Lieferanten in Beziehung treten. Dies bedeutet nicht nur kurze Transportwege, sondern auch regional ganz unterschiedliche Spezialitäten, die in den einzelnen Märkten angeboten werden können. So kann der Bedarf an Eiern sowie Frischmilch zu hundet Prozent aus der Region abgedeckt werden. Auch das Rind-, Kalb- und Schweinefleisch stammt aus Österreich.
Bei Obst und Gemüse findet sich in den Regalen zumindest mehr als die Hälfte aus heimischer Produktion, je nach Saison.
Woher die Lebensmittel stammen, ist dabei nur eine Seite der Medaille. Die zweite lautet, wohin sie gehen. Damit ist nicht gemeint, wer sie kauft. Sondern, was macht man mit jenen Lebensmitteln, die über das Ablaufdatum hinaus in den Regalen liegen bleiben? Vermeidung von Lebensmittelverschwendung, so lautet das Stichwort. Die wird auch vom Umweltministerium gefordert. Das hat Supermärkte dazu verpflichtet, zu melden, wieviel Lebensmittel sie wegwerfen und wieviel sie spenden.
Allerdings wollen auch Supermärkte ihre Waren in erster Linie verkaufen und nicht wegwerfen. Daher haben sich auch ohne Zuruf aus dem Ministerium mittlerweile zahlreiche Initiativen gebildet, wie etwa To Good to Go oder Unverschwendet, über die Händler wie Spar, Billa oder Hofer Überraschungssackerl zum schmalen Preis anbieten, in denen nahrhafte, aber nicht mehr verkaufbare Lebensmittel zu finden sind. Inzwischen wurde das Konzept auch auf Restaurants ausgeweitet. Darüber hinaus wurde die Aktionsplattform Lebensmittelhandel gegründet. Mit dieser Initiative innerhalb der Österreichischen Tafeln will man dafür sorgen, dass Lebensmittel den Weg zu denjenigen Menschen finden, die sie wirklich benötigen. Und nicht in der Mülltonne landen.
Zudem lassen sich die Supermärkte einiges einfallen, um die Lebensmittel doch noch an den Mann zu bringen. So hat Hofer etwa die Rette mich-Box ins Leben gerufen. In ihr befinden sich Obst- und Gemüseprodukte, die nicht mehr original verpackt sind oder deren Aussehen nicht mehr ganz den optischen Vorgaben entsprechen. Natürlich zu einem kleineren Preis. Mit dem 2. Chance-Kisterl versucht man es bei Spar ganz ähnlich.
Und dann gibt es da noch Unternehmen, die dem Lebensmittelhandel bei der Vermeidung von Bio-Abfall behilflich sein können. Eines davon ist Unverschwendet. Mit deren Hilfe gelangen Lebensmittel, die sonst verloren gehen würden, wieder zurück in den Kreislauf. Und werden zu neuen Produkten verarbeitet.
Die Diskonter sind zudem dazu übergegangen, auch bereits abgelaufene Ware dem Konsumenten schmackhaft zu machen. Mit dem expliziten Hinweis, dass das Überschreiten des Mindesthaltbarkeitsdatums noch nicht heißen muss, dass das Produkt auch verdorben sei.
Und natürlich arbeitet man an Systemen, mit denen bereits in der Logistik sichergestellt werden soll, dass so wenige Lebensmittel wie nur möglich überhaupt in den Märkten übrig bleiben. Spar ist dieses Problem etwa mit dem Projekt Obst und Gemüse 3 Tage frischer angegangen. Das Herzstück dieser IT-Lösung ist die perfektionierte Berechnung der Verkaufsmengen. Mittels Künstlicher Intelligenz werden Daten über eben jene sowie über Wetterbedingungen, Sonderangebote, Marketingaktionen, Saisonalität und zahlreiche weitere Faktoren analysiert. Damit soll eine präzise Vorhersage der optimalen Menge pro Filiale ermöglicht werden. „Das Ergebnis ist eine Vorhersage der Genauigkeit von über 90 Prozent. All das führt dazu, dass in der richtigen Filiale exakt die benötigte Menge zur richtigen Zeit verfügbar ist und dadurch die Lebensmittelverschwendung noch stärker reduziert wird“, hebt der Geschäftsführer der Spar IT-Unit ICS, Andreas Kranabitl, hervor.
Dabei gliedert sich die Lösung in sechs Einzelbereiche: die Prognose der Verkaufsmengen, eine bessere Planung für das wöchentliche Sortiment, eine effizientere und schnellere Beschaffung mittels eines auf die Bedürfnisse von Lieferanten abgestimmten Web-EDI-Portal, die Optimierung des Bestellprozesses im Großhandel, die optimale Belieferung sowie die Verbesserung der Qualitätssicherung.
Spar ist dabei nicht der einzige Lebensmittelhändler, der versucht, sein Angebot mittels technischer Tools besser auf die Nachfrage abzustimmen. Mit der IT-Lösung hat man aber in der Branche offenbar einen weiten Schritt nach vorne gemacht. Zumindest laut Eurocommerce. Die verliehen dem heimischen Lebensmittelhändler dafür nämlich den Future of European Commerce Award. Mit diesem Preis werden von der Organisation Unternehmen und Verbände für innovative Projekte ausgezeichnet.
Wenn es finster wird
Neben den eigenen Interessen wird so auch die Gesellschaft in Bezug auf Nachhaltigkeit, auf klimaeffizientes Bauen sowie auf Landschaftserhaltung weitergebracht. Werden diese gesellschaftlichen Funktionen des Lebensmittelhandels oft beiseite gewischt, kommt ihm in einem Punkte jedoch besondere Bedeutung zu. Nämlich dann, wenn der Strom ausbleibt.
Zwar gibt es die 14-Tage-Notfall-Empfehlung des Ministeriums. Doch dazu bedarf es eben ebensolcher Vorratsräume. Daher ist im Blackout-Falle am ehesten damit zu rechnen, dass die Lebensmittel-Vorräte der Haushalte schnell zu Ende gehen werden.
Deshalb wurde gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium und dem Energieministerium auch ein detaillierter Plan ausgearbeitet. Der sieht vor, dass am ersten Tag eines möglichen Blackouts alle Geschäfte vorerst geschlossen bleiben, damit notwendige Vorkehrungen getroffen werden können.
Ab dem zweiten Tag werden von 10:00 bis 15:00 Uhr bei Märkten von Spar-Interspar, Maximarkt, Billa, Penny, Adeg, Sutterlüty, Hofer, Lidl, Nah und Frisch, Unimarkt und M-Preis Sackerl mit gemischten Frischeprodukten ausgegeben werden. Aus logistischen Gründen können im Krisenfall keine Wünsche für den Inhalt berücksichtigt werden. Zusätzlich können fertig zusammengestellte Lebensmittel- und Getränke-Sackerl gegen Barzahlung erworben werden. Inhalt sind etwa Wasser, haltbares Brot, Konserven sowie Fertigprodukte oder auch Kerzen. Auf Wunsch auch Babyartikel und Hygieneprodukte. Die Ausgabe erfolgt vor den Geschäften. Ein Betreten der Geschäfte oder ein Selberaussuchen der Produkte wird im Krisenfall nicht möglich sein. Darüber hinaus werden vom Lebensmittelhandel ab dem zweiten Tag eines möglichen Blackouts von 9:00 bis 10:00 Uhr Lebensmittel an die Gemeinden und Blaulichtorganisationen ausgegeben.
Ab dem dritten Tag können aus Gründen der Lebensmittelsicherheit nur mehr Produkte aus dem Trockensortiment ausgegeben werden. Die Organisation der Abgabe wird in enger Kooperation mit den Städten und Gemeinden erfolgen.
Doch damit dieses Szenario aufgeht, müssen die Mitarbeiter in den Supermärkten selbst schon in allen Einzelheiten wissen, was im Fall des Falles zu tun ist. Und tatsächlich sind hier die Vorbereitungsarbeiten längst abgeschlossen, die Mitarbeiter unterwiesen und geschult. Da man die Filialen im Falle eines Blackouts nicht mehr erreichen kann, wurden die Mitarbeiter mit klaren schriftlichen Arbeitsanweisungen ausgestattet, berichtet Lukas Wiesmüller, bei Spar für Nachhaltigkeitsthemen verantwortlich. Die Mitarbeiter wüssten daher genau, wo sie wann sein müssten und was genau zu tun sei. Auch Sicherheitsüberlegungen wurden mit einbezogen.
Doch nicht nur die Haushalte bedürfen der Nahrung. Es sind vor allem jene, die trotz Blackouts im Einsatz sind oder sein müssen. Also Blaulichtorganisationen, Einsatzgruppen oder soziale Einrichtungen. Für eben diese Gruppen erarbeitete der Lebensmittel-Großhandel einen entsprechenden Einsatzplan. Der sieht vor, in der ersten Phase, also dem totalen Blackout, die Versorgung sicherzustellen. Eine Lieferung könnte sich allerdings in vielen Fällen als schwierig erweisen. Darum wird hier in erster Linie auf Abholung gesetzt.
Auch in der zweiten Phase, der Hochschaltphase der Stromnetze, wird sich daran nichts Grundsätzliches ändern. Es stehen nun allerdings – eingeschränkt – die Supermärkte wieder zur Verfügung. Erst in der dritte Phase, der Stabilisierung der Stromversorgung, wird auch die Zustellung wieder aufgenommen. Insgesamt wird für die drei Phasen eine Zeitspanne von 14 Tagen ausgelegt. „Unser Ziel ist eine einheitliche Vorgehensweise im Falle eines Blackouts. Denn eines ist klar: Je besser der österreichische Lebensmittelhandel auf ein Blackout vorbereitet ist, desto besser können wir auch die schwer vorhersehbaren Folgen einer potenziellen Versorgungskrise bewältigen“, so Handelsverbands-GF Will zu den ausgearbeiteten Plänen. Wer allerdings keine Lust auf das Chaos im Krisefalle hat, kann sich jetzt schon vorbereiten. Viele Märkte bieten Hilfsmittel und Tools für den Fall des Stromausfalles an. Bei Interspar etwa kann man sich mit der Blackoutbox eindecken. In ihr findet man neben einem Solar-Kurbelradio eine ausziehbare Teleskop-Campinglaterne mit Handkurbel, Walkie-Talkies, einen Campingkocher sowie einen faltbaren Trinkwasserbehälter. Und bleibt der Blackout aus, leistet sie beim Campingausflug gute Dienste.
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