Arbeitslose kämpfen ums tägliche Überleben
Die Arbeitslosigkeit steigt auch im April – die Eurozone bleibt im Negativtrend – in Österreich wächst der Druck.

Die wirtschaftliche Lage in der Eurozone ist angespannt: Laut Eurostat stieg das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2025 um lediglich 0,4 Prozent – ein technisches Wachstum, das kaum reale Entlastung schafft. Gleichzeitig sind über 10,8 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet, der erste deutliche Anstieg seit Monaten. Besonders betroffen sind Spanien, Finnland und Griechenland, aber auch in Österreich entwickelt sich die Situation in eine bedenkliche Richtung.
Wenn Überleben zur Strategie wird
Überleben bedeutet für viele Betroffene längst: Rechnungen stückeln, Heizkosten stundenweise abdrehen, den Kauf neuer Schuhe verschieben und beim Lebensmitteleinkauf den Taschenrechner mitnehmen. Ans Urlaubmachen ist nicht zu denken, selbst die Monatskarte für die Öffis kann zur Hürde werden. In solchen Verhältnissen zu leben, verlangt keine Willensschulung, sondern ein permanentes Improvisationstalent – mit finanzieller, psychischer und sozialer Dauerbelastung.
Arbeitslosenquote in Österreich
Hierzulande lag die im April bei 7,3 Prozent, ein Plus von 0,5 Punkten gegenüber dem Vorjahr. 392.600 Personen waren ohne Job oder in Schulung, davon mehr als 91.000 bereits seit über einem Jahr. Besonders stark trifft es Jugendliche (+10,9 %), Frauen (+10,4 %) und Menschen ohne formale Ausbildung. Die Zahl der Lehrstellensuchenden stieg um fast 20 Prozent.
Die von Eurostat harmonisierte Quote liegt bei 5,4 Prozent – optisch niedrig, doch sie blendet jene rund 80.000 Personen aus, die zwar nicht als arbeitslos gelten, aber in Schulungen geparkt sind oder sich mit geringfügigen Jobs über Wasser halten. Rechnet man diese Gruppen ein, liegt die tatsächliche Arbeitslosenquote in Österreich realistisch betrachtet bei rund 9 Prozent.
Wachstumszahlen mit begrenzter Tragweite
Das gemeldete Plus von 0,4 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt ist ein Signal der Stabilisierung – stärker als erwartet, aber nicht kräftig genug, um den Arbeitsmarkt spürbar zu entlasten. Viele Volkswirte sehen darin ein ermutigendes Zeichen, dass die Eurozone nicht in die Rezession rutscht.
AK fordert Kurswechsel
Für die Arbeiterkammer (AK) ist klar: Die Entwicklung sei kein kurzfristiger Ausrutscher, sondern strukturell bedingt. AK-Präsidentin Renate Anderl fordert deshalb seit Langem gezielte Qualifizierungsmaßnahmen, Investitionen in gemeinnützige Beschäftigung und mehr Verantwortung von Betrieben bei der Ausbildung.
„Statt weiterer Hürden brauchen wir endlich eine Arbeitsmarktreform, die auf Inklusion statt auf Sanktion setzt“, so Anderl. Besonders kritisch sieht sie die Lage bei Langzeitarbeitslosen, deren Chancen auf eine Rückkehr in Beschäftigung mit jedem Monat weiter sinken.
Für zusätzlichen Unmut sorgt ein Vorschlag der Bundesregierung: Die Möglichkeit, während der Arbeitslosigkeit geringfügig dazuzuverdienen, soll eingeschränkt oder ganz gestrichen werden. Aus Sicht der AK wäre das ein schwerwiegender Fehler.
Arbeiten zum Überleben
Die steigende Arbeitslosigkeit ist nicht nur ein ökonomischer Trend, sondern ein gesellschaftlicher Stresstest für alle, die noch einen Job haben. Wer seine Arbeit verliert, verliert oft auch Struktur, Partner und Sicherheit. Wenn die Gesellschaft nicht gegensteuert und eine andere Politik wählt, wird aus Arbeitslosigkeit für viele ein dauerhafter Ausnahmezustand – und Überleben zur wichtigsten Kompetenz.
(red)