Kondensstreifen heizen das Klima an
Was jahrelang als Unsinn galt, wird nun von der EU bestätigt: Die Klimawirkung von Flugzeugstreifen ist real.

Jahrelang galten sie als Inbegriff für absurde Verschwörungstheorien: Chemtrails, also angeblich absichtlich versprühte Stoffe aus Flugzeugen zur Wetterkontrolle oder Bevölkerungsbeeinflussung. Doch während sich die Wissenschaft stets klar gegen diese Mythen stellte, zeigt sich inzwischen: Ganz falsch lag die Sorge um die weißen Linien am Himmel nicht. Nicht wegen geheimer Absichten – sondern wegen physikalischer Effekte. Kondensstreifen, wie sie tatsächlich heißen, gehören zu den größten Klimafaktoren des Luftverkehrs.
Streifen am Himmel
Die sogenannten Non-CO2-Effekte von Flugzeugen – etwa Aerosole, Stickoxide und vor allem Kondensstreifen – sind laut aktuellen Studien für über 60 Prozent der Klimaerwärmung durch den Luftverkehr verantwortlich. Die Streifen entstehen, wenn heiße, feuchte Abgase aus den Triebwerken auf eisige Höhenluft treffen und sich zu Eiskristallen verbinden. Unter bestimmten Bedingungen entstehen daraus künstliche Zirruswolken, die vor allem nachts die Erdabstrahlung blockieren – und damit zur Erwärmung beitragen.
Kleine Zahl, große Wirkung
Nur etwa drei Prozent der Flüge verursachen rund 80 Prozent der schädlichen Kondensstreifen, wie die Umweltorganisation Transport & Environment berechnet hat. Besonders betroffen: der Nordatlantik. Bereits kleine Kursänderungen könnten die betroffenen Luftschichten umgehen. Zwar würde das etwas mehr Treibstoff erfordern, doch laut Studien ist die Klimawirkung der Umwege bis zu 40 Mal positiver als der CO₂-Nachteil.
Pilotversuche und EU-Maßnahmen
2024 wurden im Projekt „D-Kult“ erstmals kommerzielle Linienflüge gezielt so umgeleitet, dass Kondensstreifen vermieden werden. Die Datenerfassung war aufwendig, denn zuverlässige Wetter- und Luftfeuchtigkeitsinformationen fehlen derzeit in der notwendigen Dichte. Ein Folgeprojekt ist für 2026 geplant. Die EU hat bereits gehandelt: Seit Anfang 2025 müssen Airlines die Nicht-CO2-Effekte ihrer Flüge dokumentieren. Das neue System „NEATS“ wird derzeit implementiert und soll künftig auch in den Emissionshandel einfließen.
Kritik aus der Branche
Luftfahrtvertreter wie der BDL warnen vor Wettbewerbsnachteilen gegenüber Airlines außerhalb Europas. Besonders die geplante Bepreisung von Kondensstreifen – ähnlich wie CO₂-Zertifikate – sei kritisch zu sehen. Außerdem sei unklar, wer für die Kosten möglicher Umwege oder synthetischer Treibstoffe aufkommt. Der BDL fordert ein Moratorium, bis belastbare Studienergebnisse vorliegen.
(APA/red)