Überschießende Auflagen
Kleinwasserkraft in Österreich ist eng mit einer Person verbunden. Dr. Paul Ablinger ist der Geschäftsführer des gemeinnützigen Vereins „Wasserkraft Österreich“. Er vertritt die etwa 1.000 Mitglieder mit ihren 4.000 Kleinwasserkraftwerken.
Check-List: Wie sehen Sie die aktuelle Situation für Kleinwasserkraftwerke (KWKW)?
Paul Ablinger: Wirtschaftlich sind die Rahmenbedingungen nach langen Jahren der viel zu niedrigen Strompreise für Erzeuger nun endlich auf einem Niveau, das umfassende Sanierung und Ersatzinvestition ermöglicht. Gleichzeitig bietet auch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) einen guten Rahmen für Neubau und Revitalisierung. Allerdings gilt dies nur mit der Einschränkung, dass die zugehörige Verordnung entsprechende Werte vorsieht. Obwohl der Ausbau auch der (Klein-)Wasserkraft mit dem EAG fixiert wurde und auch die sogenannte EU-Notverordnung eigentlich aufs Tempo drücken würde, scheint dies in der Praxis noch nicht so richtig angekommen zu sein. Die Verfahren, auch für kleine und sehr kleine Anlagen, sind komplex und umfangreich. Man hat oft das Gefühl, dass der Ausbau gar nicht gewünscht wird. Entsprechend überschießend und unverhältnismäßig sind dann auch oft die Anforderungen und Auflagen.
CL: Was ist aktuell die größte Herausforderung für KWKW?
Ablinger: Einerseits die Möglichkeit, überhaupt Anlagen errichten und erneuern zu können. Andererseits sind aufgrund der Langlebigkeit der Anlagen bei gleichzeitig hohem Investitionsbedarf auch langfristig stabile Rahmenbedingungen notwendig.
CL: Hat der Klimawandel Auswirkungen auf die KWKW? Und wenn ja, welche?
Ablinger: Durch die Klimakrise verschieben sich die Abflüsse vom Frühjahr/Sommer Richtung Winter. Gleichzeitig kommt es zu immer mehr Extremwetterereignissen, die auch für Kleinwasserkraftwerke verheerende Folgen haben können.
CL: Gibt es starke Leistungsschwankungen über das Jahr?
Ablinger: Die Kleinwasserkraft ist witterungsabhängig, entsprechend schwankt auch die Erzeugungsleistung. Allerdings sehr gut prognostizierbar und überwiegend ohne große Extreme. Zusätzlich sind die meisten Wasserkraftanlagen gut regelbar und können so zusätzliche Dienstleistungen für das Stromsystem erbringen. Es gibt übrigens auch Kleinwasserkraft-Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke und ich gehe davon aus, dass wir davon in der Zukunft noch mehr sehen werden.
CL: KWKW – nur nachhaltige Energie oder auch ein wirtschaftlicher Erfolg?
Ablinger: Jedenfalls beides! Die Kleinwasserkraft ist europaweit, aber besonders in Österreich, ein Wirtschaftsfaktor. Neben Turbinenherstellern mit Weltruhm ist natürlich die Stromproduktion an sich ein wichtiges Asset. Die Kleinwasserkraft produziert mit rund 6,6 TWh etwa ein Zehntel des derzeitigen Bedarfs. Bis 2030 sollten weiter 2-3 TWh hinzukommen.
CL: Umweltschützer sehen die KWKW kritisch. Was meinen Sie dazu?
Ablinger: Die Kritik war in der Vergangenheit vielleicht berechtigt. Wenn Kleinwasserkraftwerke allerdings mit dem heutigen europäisch-österreichischen Standard errichtet werden, so sind sie problemlos mit dem sogenannten guten Zustand der Gewässer vereinbar. Oftmals – speziell außerhalb des Fischlebensraumes – zeigen die biologischen Komponenten der Bewertung sogar weiterhin den sehr guten Zustand. Aus meiner Sicht sollten sich viele dieser NGOs – Umweltschützer sind wir auch – an die eigentlichen Verursacher der Problematik wenden und nicht die Lösung des Problems bekämpfen. Die Klima- und Biodiversitätskrise wurde nicht durch die Kleinwasserkraft verursacht, sie ist aber ein Teil ihrer Lösung.
CL: Sind KWKW gut für die österreichische Wirtschaft?
Ablinger: Selbstverständlich. Kleinwasserkraftwerke sind dezentral und gut über das gesamte Bundesgebiet verteilt. Sie helfen einerseits durch den produzierten Ökostrom, andererseits erbringen sie Netzdienstleistungen, welche die Integration von anderen Erneuerbaren unterstützen und ermöglichen.
CL: Was wünschen Sie sich für die Zukunft der KWKW?
Ablinger: Einen fairen Umgang von allen Seiten (NGOs, Behörden, usw.) und die Einbeziehung aller Gewässernutzer und Beeinflusser in die Bewertung des Gewässerzustands bzw. dessen Verursachung. Und langfristige stabile Rahmenbedingungen.
CL: Danke für das Gespräch.
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