Anzeige

Was Verbraucher über Mehlwürmer wissen sollten

Seit 10. Februar ist in der EU die Verwendung von UV-behandeltem Mehlwurmpulver in Lebensmitteln erlaubt.

12.02.2025 13:04
red07
© Adobe
Lebensmittel Mehlwurmpulver

Mehlwurmpulver wird als Proteinquelle angepriesen, die durch eine zusätzliche UV-Behandlung einen höheren Gehalt an Vitamin D3 aufweist – angeblich eine perfekte Ergänzung für eine ausgewogene Ernährung. Seit dem 10. Februar 2025 ist in der Europäischen Union die Verwendung von UV-behandeltem Mehlwurmpulver in Lebensmitteln wie Brot, Gebäck, Käse und Teigwaren erlaubt. Diese neue Zutat wird als nachhaltige Proteinquelle präsentiert, die dem Bedarf an Eiweißprodukten gerecht werden soll, ohne von größeren Tierarten zu stammen. Doch was steckt hinter der Einführung des Mehlwurmpulvers? Und welche Auswirkungen hat das auf die Verbraucher?

Eine Frage der Innovation und Nachhaltigkeit

Die Zulassung von Mehlwurmpulver als „neuartiges Lebensmittel“ ist Teil der EU-Strategie, sogenannte alternative Proteinquellen zu fördern. Angesichts des globalen Bedarfs an Protein rücken Insekten als nachhaltige Alternative zur traditionellen Tieren (Zucht und Wildtiere größeren Umfangs als ein Insekt) in den Fokus. Insekten verbrauchen deutlich weniger Ressourcen wie Wasser und Futter, ihre Zucht verursacht weniger Treibhausgase, und sie bieten einen hohen Gehalt an Nährstoffen wie Eiweiß, Fettsäuren und Vitaminen unter dem Mikroskop betrachtet.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erklärte das Pulver als sicher, sofern es in den vorgeschriebenen Mengen verwendet wird. Für Käseprodukte beträgt die maximale Menge beispielsweise ein Gramm Mehlwurmpulver pro 100 Gramm Endprodukt, in Brot und Gebäck sind bis zu vier Gramm erlaubt. Gleichzeitig warnt die EFSA, dass das Mehlwurmpulver bei Personen mit Allergien gegen Krebstiere oder Hausstaubmilben allergische Reaktionen auslösen könnte – entsprechend ist eine Kennzeichnungspflicht vorgeschrieben.

Jedes Produkt, das Mehlwurmpulver enthält, muss den Hinweis „enthält UV-behandeltes Larvenpulver von Tenebrio molitor (Mehlwurm)“ tragen. Zusätzlich wird angegeben, dass das Pulver durch UV-Behandlung erzeugtes Vitamin D enthält, wenn der Gehalt bestimmte Werte überschreitet.

Für wen ist Mehlwurmpulver gedacht?

Mehlwurmpulver ist nicht für die klassische Hausmannskost gedacht, sondern zielt vor allem auf die Verarbeitung in industriellen Lebensmitteln ab. Es wird in Produkten eingesetzt, die auf Proteinaufwertung oder besondere Nährwerte abzielen, wie etwa funktionale Snacks, Proteinriegel, spezielle Backwaren oder angereicherte Fertiggerichte. Diese Innovation könnte insbesondere im Bereich der veganen und vegetarischen Produkte an Bedeutung gewinnen, um den Eiweißgehalt zu erhöhen und die Produkte ernährungsphysiologisch aufzuwerten. Doch wie dieses Beispiel zeigt, ist dies nur ein Vorgeschmack.

Le Burger "Wormwich"
Le Burger „Wormwich“

In Käseprodukten oder Teigwaren mag die Anwendung überraschend wirken. Auch hier wird das Pulver als Bestandteil zur Erhöhung der Proteinwerte angepriesen. Gerade im Sport- und Gesundheitsbereich sei die Nachfrage nach hochwertigen, pflanzlichen oder alternativen Eiweißquellen in den letzten Jahren stark gestiegen. Mehlwurmpulver wird in diesem Zusammenhang gerne mit alternativen pflanzlichen Proteinen in einen Topf geworfen.

Keine geheime Zutat

Die Einführung von Mehlwurmpulver ist kein heimliches Unterjubeln einer neuen Zutat. Ein Schelm, wer solches denkt! Die EU schreibt eine klare und sichtbare Kennzeichnung auf den Verpackungen vor, sodass Verbraucher bewusst entscheiden können, ob sie solche Produkte kaufen wollen oder nicht. Anders als häufig in sozialen Netzwerken behauptet, gibt es keine versteckte Verwendung von Mehlwurmpulver in Lebensmitteln.

Der einzige Produzent, der aktuell das exklusive Recht zur Herstellung von UV-behandeltem Mehlwurmpulver hat, ist das französische Unternehmen Nutri’Earth. Diese Zulassung gilt zunächst für fünf Jahre. Ob und wann weitere Produzenten folgen, bleibt abzuwarten.

Zwischen Nische und Massenmarkt

Obwohl alternative Proteinquellen wie Insektenmehl immer häufiger in Diskussionen rund um nachhaltige Ernährung auftauchen, bleibt ihr Einsatz bisher vor allem in Nischenmärkten relevant. Während sich Produkte auf Basis von pflanzlichen Proteinen und Ergänzungsmittel für Sportler bereits etabliert haben, ist der Markt für tierisches Protein aus Insekten vergleichsweise klein. Eine Marktstudie von Meticulous Research prognostiziert zwar ein Wachstum dieses Sektors auf bis zu 3,5 Milliarden US-Dollar bis 2027, doch die Verbreitung in klassischen Lebensmitteln bleibt noch begrenzt und vorwiegend experimentell.

Die Kennzeichnungspflicht für Mehlwurmpulver ist notwendig, dennoch bleibt die Frage offen, wie praktikabel diese in der Realität ist. Schon heute sind Zutatenlisten kleingedruckt und unübersichtlich, sodass Konsumenten sie kaum lesen. Wer auf „UV-behandeltes Larvenpulver“ in der Zutatenliste stößt, hat immerhin die Wahl, das Produkt im Regal zu lassen – oder sich dafür zu entscheiden, seinen Proteinbedarf weiterhin klassisch zu decken. Von nun an müssen Verbraucher genauer hinschauen, wohin sie greifen.

Die logische Frage: Geht es hier wirklich um die Erhöhung des Nährwerts, um das Klima zu regulieren, weil zu viele Rinder auf den Weiden herumfurzen – spitz formuliert? Oder schlichtweg um einen Füllstoff, der die wachsende Weltbevölkerung mit billigem Kraftstoff zu sportlichen Höchstleistungen antreiben soll. Die Antwort wird wohl irgendwo dazwischen liegen.

(PA/red)

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Beitrag teilen

Das könnte Sie auch interessieren