10 Jahre Pariser Klima-Abkommen auf Prüfstand

Zehn Jahre nach Paris zeigt sich: Die Welt hat Fortschritte im Klimaschutz gemacht, doch das Tempo reicht noch lange nicht aus, um die 1,5-Grad-Grenze zu erreichen.

12.12.2025 10:04
red04
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Das Übereinkommen von Paris wurde am 12. Dezember 2015 von 195 Staaten und der Europäischen Union verabschiedet.

Vor genau zehn Jahren, am 12. Dezember 2015, wurde auf der UN-Klimakonferenz in Paris ein Abkommen beschlossen, das als Wendepunkt der internationalen Klimapolitik gilt. Das Pariser Klimaabkommen verpflichtete erstmals nahezu alle Staaten der Welt, gemeinsam gegen den Klimawandel vorzugehen und den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Es war ein Moment globaler Einigkeit und Hoffnung – und zugleich der Startschuss für die größte Transformation der Weltwirtschaft seit Beginn der Industrialisierung.

Die Welt verändert sich – wenn auch zu langsam

Ein Jahrzehnt später lässt sich eine gemischte Bilanz ziehen. Einerseits hat das Abkommen die politische und wirtschaftliche Landschaft grundlegend verändert. Klimaschutz ist heute ein zentraler Bestandteil nationaler Strategien, Unternehmenspolitik und öffentlicher Debatten. In vielen Regionen der Welt ist der Ausbau erneuerbarer Energien rasant vorangeschritten, und Technologien wie Solar- und Windenergie oder Elektrofahrzeuge haben eine Entwicklung genommen, die vor 2015 kaum vorstellbar gewesen wäre. Analysen zeigen, dass das Wachstum der globalen CO₂-Emissionen seit Paris deutlich gebremst wurde, und in einigen Fällen konnte Wirtschaftswachstum bereits vom Emissionsanstieg entkoppelt werden. Weltweit haben Staaten und Unternehmen Netto-Null-Ziele formuliert, und der Markt für saubere Technologien wächst schneller als erwartet.

1,5 Grad rücken in weite Ferne

Doch trotz dieser Fortschritte reicht das Tempo bei weitem nicht aus, um die im Pariser Abkommen festgelegten Temperaturziele zu erreichen. Die Emissionen sind zwar langsamer gestiegen, aber sie steigen immer noch. Selbst wenn alle derzeitigen Klimaschutzpläne vollständig umgesetzt würden – was in vielen Ländern keineswegs sicher ist –, würde die Erde sich Prognosen zufolge bis zum Ende des Jahrhunderts um deutlich mehr als 1,5 Grad erwärmen. Derzeit steuert die Welt eher auf 2,3 bis knapp 3 Grad zu. Dass diese Zahlen weit jenseits des Pariser Anspruchs liegen, hat in den vergangenen Jahren immer wieder zu scharfer Kritik von Wissenschaft und Zivilgesellschaft geführt.

Jahrzehnt der Extreme

Hinzu kommt, dass extreme Wetterereignisse – von Rekordhitze über Dürren bis hin zu Überschwemmungen – in den letzten Jahren immer deutlicher zeigen, wie ernst die Lage ist. Für viele Länder des globalen Südens ist der Klimawandel längst eine reale Bedrohung von Lebensgrundlagen, Sicherheit und wirtschaftlicher Stabilität. Genau darum wurde mit dem Pariser Abkommen nicht nur der Klimaschutz, sondern auch die Unterstützung besonders verwundbarer Staaten verankert. Zwar wurden in den letzten Jahren neue Finanzierungsinstrumente geschaffen, darunter der viel diskutierte Loss-and-Damage-Fonds, doch bleibt die Frage der gerechten Lastenverteilung zwischen reichen und ärmeren Ländern weiterhin ungelöst.

Politische Unsicherheiten prägen die Dekade

Auch politisch war das Jahrzehnt seit Paris alles andere als geradlinig. Die USA traten zwischenzeitlich aus dem Abkommen aus und später wieder ein, die EU rang immer wieder um interne Kompromisse, und viele Entwicklungsländer beklagen bis heute mangelnde Unterstützung. Zugleich haben einige große Schwellenländer, darunter China und Indien, zwar ambitionierte langfristige Ziele formuliert, aber ihre kurzfristigen Maßnahmen oft nicht ausreichend verschärft. Diese Umsetzungslücke zwischen Ankündigungen und realen Fortschritten ist eines der größten Probleme der globalen Klimapolitik.

Trotz aller Rückschläge

Und dennoch: Es wäre falsch, das Pariser Abkommen als gescheitert zu betrachten. Ohne die in Paris vereinbarten Ziele und Mechanismen läge die Welt heute auf einem noch deutlich heißeren Kurs. Das Abkommen hat ein gemeinsames Verständnis geschaffen, dass alle Staaten Verantwortung tragen – und dass Klimaschutz nur durch internationale Zusammenarbeit möglich ist. Es hat einen Rahmen geschaffen, der regelmäßig überprüft und nachgeschärft werden kann. Und es hat gezeigt, dass technologischer Wandel schneller möglich ist, als viele erwartet hätten.

Die nächsten zehn Jahre entscheiden

Zehn Jahre nach Paris ist klar, dass wir uns mitten in einer historischen Transformationsphase befinden. Das Erreichen der 1,5-Grad-Grenze ist zwar zunehmend unwahrscheinlich, aber jeder Zehntelgrad weniger Erwärmung zählt – für Ökosysteme, für die globale Ernährungssicherheit, für Millionen Menschen. Die nächsten zehn Jahre entscheiden, ob die Welt das Erbe von Paris einlösen kann. Das Abkommen selbst hat die Richtung vorgegeben. Wie konsequent ihm die Staaten folgen, wird darüber entscheiden, wie lebenswert die Zukunft des Planeten bleibt.

(red)

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