Blackout in Spanien – Schuldiger gefunden

Kritiker bezweifeln dennoch, dass menschliches Versagen allein den flächendeckenden Stromausfall erklärt.

18.06.2025 11:34
Redaktion
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Blackout in Spanien und Portugal

Der verheerende Stromausfall Ende April, der große Teile Spaniens und Portugals stundenlang lahmlegte, war laut spanischer Regierung hausgemacht. Eine Untersuchung ergab, dass der staatliche Stromnetzbetreiber Red Eléctrica de España (REE) zu wenig Kapazitäten eingeplant hatte, um kritische Spannungsschwankungen im Netz abzufangen. Energieministerin Sara Aagesen erklärte am Dienstag in Madrid, dass REE lediglich für die frühen Morgenstunden zusätzliche Reservekraftwerke vorgesehen habe – nicht aber für die Hauptverbrauchszeit am Tag.

Netzbetreiber gesteht

„Das System verfügte nicht über ausreichende Kapazitäten zur dynamischen Spannungsregelung“, so Aagesen. Der Bericht stellt darüber hinaus fest, dass mehrere Kraftwerke ihre vertraglich geregelten Pflichten zur Netzstabilisierung nicht erfüllt haben – obwohl sie dafür staatliche Vergütungen erhalten.

Die Erklärung der Regierung schließt einen Cyberangriff oder Sabotageakt zwar aus, doch viele Beobachter bleiben skeptisch. Denn die technische Komplexität eines europaweit vernetzten Stromsystems macht es schwer, Ursachen eindeutig nachzuvollziehen. Dass mehrere Kraftwerke gleichzeitig ihre Pflichten nicht erfüllt haben, wirft Fragen auf. Ebenso wie die Tatsache, dass ausgerechnet zur Tagesmitte, in einer Phase hoher Last, zu wenig Kapazität verfügbar war. Für Skeptiker bleibt unklar, ob menschliches Versagen allein ausreicht, um einen solch großflächigen Zusammenbruch zu erklären.

Solange keine vollständige Transparenz über die Rolle einzelner Marktakteure besteht, werden Spekulationen über mögliche Fremdeinwirkungen oder koordinierte Störungen weiter kursieren. Gerade in Zeiten wachsender geopolitischer Spannungen und zunehmender digitaler Angriffe auf kritische Infrastrukturen bleibt das Misstrauen hoch.

Österreich gut gewappnet

In Österreich beurteilen Fachleute das Risiko eines ähnlich großflächigen Stromausfalls derzeit als gering. Laut Austrian Power Grid (APG) gilt hier das sogenannte n-1-Prinzip, das sicherstellen soll, dass das Netz auch dann stabil bleibt, wenn ein zentrales Betriebsmittel – etwa ein Kraftwerk – plötzlich ausfällt. „Zu einem Blackout kommt es nur, wenn mehrere unvorhergesehene Ereignisse gleichzeitig auftreten“, erklärte APG-Sprecher Christoph Schuh bereits Ende April gegenüber der APA.

Ein zentraler Sicherheitsfaktor sind die sogenannten schwarzstartfähigen Kraftwerke, die ohne externe Stromversorgung hochgefahren werden können. Anlagen wie das Pumpspeicherkraftwerk Kaprun in Salzburg könnten damit den Wiederaufbau des Netzes im Notfall ermöglichen.

Rechnungshof warnt

Trotz dieser technischen Vorkehrungen mahnt der Rechnungshof Verbesserungen bei der organisatorischen Vorbereitung auf einen Blackout an. Ein im Jänner veröffentlichter Bericht kritisiert, dass ein gesamtstaatlicher Krisenplan zur Information und Koordination im Ernstfall fehlt. Zwar hätten Länder und Gemeinden eigene Vorkehrungen getroffen, diese seien jedoch uneinheitlich und teils lückenhaft.

Ein großflächiger Stromausfall bleibt also auch hierzulande ein realistisches Szenario – wenn auch ein unwahrscheinliches. Die Ereignisse in Spanien zeigen, wie schnell aus einer simplen Fehleinschätzung ein flächendeckender Blackout werden kann. Und wie schwer es ist, das verlorene Vertrauen der Öffentlichkeit mit einer technischen Erklärung wiederherzustellen.

(APA/ORF/red)

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