Zum Schießen: EU-Wünsche an Österreich
Brüssel empfiehlt mehr Verteidigungsausgaben und hat weitere Tipps parat – doch was heißt das konkret für uns?

Österreich hat seit der Unterzeichnung des Staatsvertrags im Jahr 1955 keine militärische Bedrohung von außen erlebt. Mit dem Bekenntnis zur immerwährenden Neutralität verfolgt die Republik seither einen sicherheitspolitischen Kurs, der auf Zurückhaltung, Diplomatie und internationale Kooperation setzt. Die Wahrung der Souveränität erfolgte bisher ohne militärische Eskalation – stattdessen stand Österreich für friedenspolitisches Engagement, etwa im Rahmen internationaler Organisationen. Dieses Modell hat über Jahrzehnte Bestand gehabt – auch wenn europäische Partner regelmäßig auf sicherheitspolitische Anpassungen drängen.
Brüsseler Empfehlungen
Nun mahnt die EU-Kommission, Österreich möge doch mehr für die Verteidigung ausgeben. Offiziell geht es um eine “Verstärkung der Gesamtausgaben für Verteidigung und Bereitschaft” – auf Wunsch des Rates der Wirtschafts- und Finanzminister. Auch andere Länder sollen, so der Wunsch aus Brüssel, tiefer in die Tasche greifen, um „im Einklang mit den Schlussfolgerungen des EU-Gipfels“ seine militärische Bereitschaft zu stärken. Die Aufforderung hat eher symbolischen Charakter – zumindest vorerst.
Kleine Klausel, große Wirkung?
Tatsächlich haben 15 EU-Staaten bereits eine Ausweichklausel aktiviert, die es erlaubt, Verteidigungsausgaben für vier Jahre vom Defizitziel auszunehmen. Österreich gehört (noch) nicht dazu – wie auch Deutschland, das wegen seines Regierungsumbaus ebenfalls Aufschub erhielt. Für beide Länder gilt: Erst muss der nationale Fiskalplan stehen. Danach kann über etwaige Extrawünsche diskutiert werden. Die berühmte „1,5-Prozent-Spielraum“-Regel ist also nicht automatisch verpflichtend, sondern eher ein Türöffner. Wer ihn nicht nutzt, bleibt draußen.
Mahnende Worte, bekannte Themen
Neben dem Ruf nach mehr Militär widmet sich Brüssel auch altbekannten Baustellen. Etwa der Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters, dem schleppenden Ausbau der Kinderbetreuung oder der weiterhin hohen Abhängigkeit von fossilen Energieimporten. Auch nicht bei der Forderung nach mehr Anreizen für Frauen, Vollzeit zu arbeiten, ist dabei. Eine Debatte, die hierzulande ohnehin regelmäßig geführt wird.
Verteidigung ja, aber nicht um jeden Preis
Was bleibt also von den EU-Empfehlungen? Ein höflicher Reminder, sich mit der Weltlage auseinanderzusetzen – ohne konkreten Druck. Und ein weiteres Mal der Versuch, mit sanften Worten an strukturelle Schwächen zu erinnern. Österreichs Spielraum bleibt dabei durchaus erhalten. Wer die Verteidigungsausgaben tatsächlich erhöht, kann es tun. Wer nicht, muss es (noch) nicht. Alarmismus ist jedenfalls fehl am Platz.
Die beste Verteidigung bleibt für Österreich die Diplomatie – und ein selbstbewusster Umgang mit den eigenen Stärken. Oder eine Charme-Offensive.
(APA/red)