Vogelgrippe: Bedrohung oder Angstmache?

In den USA breitet sich das Virus auf Milchviehbetrieben aus – die Gefahr für Menschen bleibt begrenzt.

20.08.2025 10:56
Redaktion
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H5N1-Impfstoff (Symbolbild)

Die Schlagzeilen klingen alarmierend: Das Vogelgrippevirus A(H5N1) wurde in den vergangenen anderthalb Jahren auf mehr als tausend US-Milchviehbetrieben nachgewiesen. Milch, Melkmaschinen, Abwasser und sogar die Luft auf Farmen zeigen Spuren des Erregers. Das wirft Fragen nach einer möglichen Übertragung auf den Menschen auf.

Virus weit verbreitet – aber nicht pandemisch

Studien aus den USA bestätigen, dass die Kontamination in betroffenen Betrieben massiv ist. Forscher sprechen von einer „irrwitzig stark kontaminierten Umgebung“. Dennoch gilt: Eine breite Übertragung auf Menschen findet bislang nicht statt. Die meisten der bisher 70 dokumentierten Infektionen betreffen Landarbeiter, die direkten Kontakt zu Rindern oder Geflügel hatten – die Verläufe waren in der Regel mild.

Die befürchtete Mutation, die eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung erleichtern könnte, ist nach aktuellem Wissensstand nicht stabil geblieben. Internationale Fachjournale betonen, dass das Virus bei Rindern genetisch nach wie vor stark dem Vogelvirus ähnelt. Auch Versuche mit Frettchen, die als Modellorganismen gelten, zeigen keine effiziente Weitergabe.

Schutz durch einfache Maßnahmen

Die Gefahr, sich durch Lebensmittel zu infizieren, ist äußerst gering. Pasteurisierung inaktiviert das Virus zuverlässig, ebenso schützt das gründliche Durchgaren von Fleisch und Eiern. Experten sehen diese Hygienekette als entscheidenden Sicherheitsfaktor für Konsumentinnen und Konsumenten.

Gleichzeitig wird gefordert, die Kontrollen in den USA massiv auszuweiten – von Milchviehbetrieben über Geflügel bis hin zu Wildtieren. Nur so lasse sich das wahre Ausmaß erfassen und ein Überspringen auf den Menschen verhindern. Impfstoffe auf mRNA-Basis werden diskutiert, bislang aber politisch nicht ausreichend gefördert.

Wachsamkeit statt Panik

Für Europa bedeutet die Situation vorerst keine akute Gefahr. Importierte US-Milchprodukte spielen am hiesigen Markt kaum eine Rolle. Dennoch mahnt der Fall, wie rasch sich zoonotische Viren in neuen Tierpopulationen festsetzen können. Die entscheidende Lehre: Früherkennung, Transparenz und Biosicherheitsmaßnahmen sind unverzichtbar, um den Sprung ins menschliche System zu verhindern.

Ob das Szenario einer echten Pandemie droht oder ob es sich um ein aufgebauschtes Schreckgespenst handelt, bleibt damit offen. Die dokumentierten Infektionen beim Menschen sind bislang selten und verlaufen meist mild. Doch die massenhafte Verbreitung des Virus in der Tierhaltung zeigt, wie schmal der Grat ist: Zwischen realer Bedrohung und bloßer Angstmache liegt nur die Frage, ob der Erreger den entscheidenden Sprung schafft – und darauf will keine Gesellschaft unvorbereitet sein.

(ORF/red)

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