Rekord bei von Gelsen übertragenen Viren
Tigermücken, Sandmücken und Gelsen breiten sich aus – und mit ihnen Krankheiten. Doch die Gefahr ist größer.

Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) meldet heuer einen neuen Höchststand an durch Gelsen übertragenen Viruserkrankungen. Besonders das Chikungunya-Virus, übertragen von der Asiatischen Tigermücke, sorgt für Alarm: 27 Ausbrüche wurden europaweit bereits dokumentiert. Der erste Fall im französischen Elsass zeigt, dass das Übertragungsrisiko längst nicht mehr auf südliche Regionen beschränkt ist.
Auch das West-Nil-Virus greift weiter um sich: 335 Infektionen in acht Ländern, 19 Todesfälle, vor allem in Italien und Griechenland. Fachleute rechnen mit einem Höhepunkt der Infektionen im August und September.
Klimawandel als Motor
Die Erklärung scheint eindeutig: steigende Temperaturen, längere Sommer, mildere Winter – all das begünstigt die Ausbreitung der Gelsen. Wo früher Kälte Grenzen setzte, finden die Tiere nun perfekte Bedingungen. In Österreich ist die Asiatische Tigermücke längst heimisch geworden: 2012 erstmals entdeckt, 2022 schon in allen Bundesländern nachgewiesen.
Warum sterben die Nützlinge?
Während einzelne Arten wie die Tigermücke neue Lebensräume erobern, verschwinden andere Insekten in atemberaubendem Tempo. Das eigentliche Drama ist nicht ihre Vermehrung, sondern ihr Verschwinden. Millionenfach sterben sie durch Lichtverschmutzung, Pestizide, das Austrocknen von Feuchtgebieten und die monotone Gestaltung städtischer Landschaften.
Die Folge: ein ökologisches Vakuum, in dem Vögel, Fledermäuse und andere Insektenfresser ihre Nahrungsgrundlage verlieren. Die paar Überlebenden – wie die Tigermücke – stehen dann im Rampenlicht, während unzählige andere Arten leise verschwinden.
Ein Auftrag an die Menschen
Wer heute über Gelsen und Viren spricht, sollte nicht nur die Gefahr für den Menschen sehen, sondern auch die Verantwortung für das Insektensterben anerkennen. Denn nur wenn wir Feuchtgebiete erhalten, auf Pestizide verzichten und die Nacht wieder dunkel sein lassen, können sich Insektenpopulationen erholen.
Bis dahin bleibt der Appell der EU-Behörden: Schutz vor Stichen durch Netze, Sprays und Kleidung. Doch langfristig gilt: Nur wer Insekten schützt, schützt auch die Gesundheit des Menschen.
(red)