Grüner Beton für die Versiegelung Österreichs
Europa versiegelt jährlich mehr Naturflächen als erlaubt. Österreich liegt deutlich über den eigenen Zielen.

Europa versiegelt jedes Jahr rund 1.500 Quadratkilometer Natur- und Landwirtschaftsflächen. Das zeigt die internationale Recherche Green to Grey, veröffentlicht am Mittwoch, 1. Oktober 2025, unter anderem von The Guardian und Le Monde. Zwischen 2018 und 2023 gingen damit rund 9.000 Quadratkilometer Grünland verloren – eine Fläche so groß wie Zypern. Pro Woche verschwinden fast 30 Quadratkilometer, das entspricht ungefähr der Fläche des Wiener Bezirks Favoriten.
Österreichs tägliche Bilanz
Für Österreich weist das Umweltbundesamt im Mehrjahresschnitt rund 11,3 Hektar Bodenverlust pro Tag aus – das sind etwa 41 Quadratkilometer pro Jahr. Das nationale Ziel liegt eigentlich bei höchstens 2,5 Hektar täglich. Besonders betroffen sind Ballungsräume wie Wien, Linz und Graz, wo die Bautätigkeit die Bodenversiegelung besonders vorantreibt.
Die offiziellen Zahlen der Europäischen Umweltagentur (EEA) unterschätzen das Ausmaß deutlich. Green to Grey kommt mit einer genaueren Satelliten-Auswertung auf rund eineinhalb Mal höhere Werte als die EEA. Damit wird sichtbar, dass der Flächenfraß im europäischen Vergleich bislang systematisch zu niedrig ausgewiesen wurde.
Ergebnisse aus Green to Grey
- Jährlicher Flächenverlust: rund 40–45 km² (≈ 11–12 Hektar pro Tag)
- Anteil an der EU-Gesamtsumme: etwa 3 %, obwohl Österreich vergleichsweise klein ist
- Besonders betroffen: Wien, Linz, Graz und ihre Umlandgemeinden
- Art der Flächen: Wälder, Wiesen, Feuchtgebiete – zunehmend aber auch Agrarland
- Hauptursachen: Wohnbau, Straßenbau, Industrieprojekte
Quelle: Green to Grey
EU-Ziele ohne Biss
Die EU hatte bereits 2011 das Ziel „no net land take by 2050“ formuliert und eine jährliche Obergrenze von 800 Quadratkilometern als Orientierung angegeben. In der Praxis bleiben diese Vorgaben unverbindlich. Frankreich hat 2023 und 2024 mit neuen Gesetzen Ausnahmen für Industrieprojekte geschaffen und damit das Netto-Null-Ziel abgeschwächt. Österreich selbst hat kaum wirksame Schritte gegen die fortschreitende Versiegelung gesetzt.
Grüne EU-Politik
Die Ergebnisse zeigen klar: Österreich trägt erheblich zum europäischen Flächenfraß bei. Selbst während der Grünen Regierungsbeteiligung änderte sich daran nichts. Und auch danach wird die Verantwortung weiterhin gerne nach Brüssel verlagert. Während EU-Abgeordnete das Problem anmahnen, bleibt die nationale Bilanz schlecht. Das Muster ist klar: Die EU dient als Puffer – je nach Bedarf verantwortlich oder machtlos. Die Kritik der EU-Abgeordneten Lena Schilling (Grüne) fügt sich hier nahtlos ein: “Europa hat jahrelang versprochen, beim Klima- und Naturschutz führend zu sein. Doch wir betonieren unsere Zukunft zu”.
(red)