Globale Entwaldung außer Kontrolle
Die weltweite Entwaldung hat im Jahr 2024 mit dem Verlust von rund 8,1 Millionen Hektar Waldfläche ein alarmierendes Ausmaß erreicht.

Der Zustand der Wälder weltweit hat sich in alarmierendem Tempo verschlechtert. Laut dem aktuellen Forest Declaration Assessment wurden allein im Jahr 2024 rund 8,1 Millionen Hektar Waldfläche vernichtet – das entspricht etwa der doppelten Fläche der Schweiz. Besonders betroffen sind tropische Regenwälder in Südamerika, Zentralafrika und Südostasien. Dort treibt nicht nur die industrielle Landwirtschaft die Entwaldung voran, sondern zunehmend auch Waldbrände, die teilweise gezielt gelegt werden.
Null-Entwaldung bis 2030 rückt in weite Ferne
Die internationale Gemeinschaft hatte sich 2021 im Rahmen der Glasgow Leaders’ Declaration verpflichtet, die weltweite Entwaldung bis 2030 zu stoppen. Der neue Bericht zeigt jedoch, dass die Weltgemeinschaft derzeit 63 % hinter dem notwendigen Fortschritt zurückliegt. Damit wird deutlich: Die Klimaziele im Zusammenhang mit dem Schutz der Wälder sind akut gefährdet. Besonders kritisch ist dies, da Wälder eine zentrale Rolle beim Klimaschutz spielen – sie speichern CO₂, regulieren das Mikroklima und bieten Millionen Arten einen Lebensraum.
Finanzierung befeuert statt schützt
Ein zentrales Problem liegt in der Finanzierung: Während jährlich über 400 Milliarden US-Dollar an Subventionen in wirtschaftliche Aktivitäten fließen, die Wälder zerstören – etwa für industrielle Landwirtschaft oder Holzeinschlag – werden dem gegenüber nur rund 6 Milliarden US-Dollar für Waldschutzmaßnahmen bereitgestellt. Zudem investieren Finanzinstitute weiterhin Milliarden in Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit direkt mit Entwaldung in Verbindung steht. Hier zeigt sich ein deutliches Missverhältnis zwischen den politischen Zielen und der wirtschaftlichen Realität.
Feuer als Hauptursache
Ein auffälliger Trend ist der zunehmende Anteil von Bränden an der globalen Waldzerstörung. Besonders in tropischen Regionen wie dem Amazonasgebiet wurden 2024 riesige Flächen durch Feuer vernichtet. Viele dieser Brände gelten als menschengemacht – entweder absichtlich gelegt, um Flächen für die Viehzucht zu gewinnen, oder indirekt ausgelöst durch ausgetrocknete Böden und steigende Temperaturen. Allein im Amazonas wurden dadurch über 790 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente freigesetzt – ein enormer Rückschlag für die internationalen Klimabemühungen.
Auch Europas Wälder unter Druck
Auch in Europa zeigt sich ein beunruhigendes Bild. In Deutschland wiesen im Jahr 2024 rund 80 % der Bäume deutliche Schäden auf, so der jährliche Waldzustandsbericht. Ursachen sind anhaltende Dürreperioden, Schädlingsbefall – vor allem durch den Borkenkäfer – sowie klimabedingter Stress. Besonders ältere Bäume sind betroffen. Die sogenannten Kronenverlichtungen – also der Verlust von Blatt- oder Nadelmasse – haben deutlich zugenommen. In der Schweiz sind vor allem Fichten und Buchen in tieferen Lagen in einem kritischen Zustand. Die ökologische Funktion des Waldes als Wasserspeicher, Klimaregulator und Lebensraum ist damit auch in Europa gefährdet.
Klima, Artenvielfalt und Mensch
Die Folgen der fortschreitenden Entwaldung sind vielschichtig. Der Verlust von Wäldern trägt erheblich zur Erderwärmung bei – nicht nur durch die Freisetzung gespeicherter Treibhausgase, sondern auch durch den Wegfall natürlicher CO₂-Senken. Zugleich gehen wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen verloren, was das Artensterben weiter beschleunigt. Auch für den Menschen ist die Entwicklung gefährlich: Studien belegen, dass in den vergangenen zwei Jahrzehnten rund eine halbe Million Menschen infolge von entwaldungsbedingten Gesundheitsrisiken wie Hitzewellen oder Luftverschmutzung gestorben sind.
Hoffnungsschimmer – aber reicht das?
Trotz der düsteren Lage gibt es auch positive Entwicklungen. So plant Brasilien, künftig Rindfleischexporte nur noch aus entwaldungsfreien Regionen zuzulassen. Zudem wird für die Klimakonferenz COP30 im brasilianischen Belém ein internationaler Fonds mit einem Volumen von 125 Milliarden US-Dollar vorgeschlagen, um tropische Wälder besser zu schützen. Doch gleichzeitig hinken Wiederaufforstungsprojekte dem Zeitplan deutlich hinterher: Von den weltweit zugesagten 350 Millionen Hektar zu restaurierender Waldfläche wurden bislang nur rund 5 % tatsächlich in Angriff genommen. Die Weltgemeinschaft steht vor einer klaren Entscheidung: Entweder gelingt ein sofortiger Kurswechsel – politisch, finanziell und gesellschaftlich – oder der Punkt, an dem sich die Entwicklung noch umkehren lässt, wird bald überschritten sein. Die Zeit zum Handeln ist jetzt.
(red)