Keine Kinder: Teenager verhüten besser denn je
Bundesweit gehen Schwangerschaften bei jungen Frauen deutlich zurück – die Ursachen sind vielschichtig.
Geburten von unter 18-Jährigen sind in Wien heute fast zur Ausnahme geworden. Laut einer aktuellen ORF-Berichterstattung wurden im Jahr 1970 noch 555 minderjährige Mütter registriert, 2024 waren es nur mehr 44. Fachleute führen diesen starken Rückgang auf eine Kombination aus besserer Sexualaufklärung, moderner Verhütung und veränderten Lebensplänen zurück. Junge Frauen orientieren sich länger an Ausbildung und Beruf, Familiengründungen werden meist in spätere Lebensphasen verschoben.
Eigenverantwortung auch bei Männern
Gleichzeitig hat sich auch die Rolle junger Männer verändert. Verhütung gilt längst nicht mehr als ausschließlich weibliche Aufgabe. Viele Jugendliche und junge Erwachsene übernehmen aktiv Verantwortung, informieren sich über sichere Methoden und tragen zu gemeinsamen Entscheidungen bei. Die Bereitschaft, Verantwortung zu teilen – ob durch Kondomgebrauch, offenes Gespräch oder Wissen über Verhütungsmittel – ist gewachsen.
Fehlende Statistik zu Abbrüchen
Wenig bekannt ist, wie viele Schwangerschaften tatsächlich abgebrochen werden. Österreich führt keine offizielle Bundesstatistik über Schwangerschaftsabbrüche – sie sind nicht meldepflichtig. Schätzungen von Fachorganisationen und Medien gehen von 30.000 bis 35.000 Abbrüchen pro Jahr aus. Verlässliche Trendanalysen sind daher nicht möglich. Hinzu kommt, dass nur rund ein Drittel aller gynäkologischen Abteilungen solche Eingriffe anbietet.
Fristenregelung und Voraussetzungen
Die rechtliche Grundlage bildet seit 1975 die Fristenregelung (§ 97 StGB). Sie erlaubt einen straffreien Abbruch innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft – also bis zur 16. Schwangerschaftswoche – nach ärztlicher Beratung. Danach ist ein Eingriff nur erlaubt, wenn das Leben oder die Gesundheit der Frau ernsthaft gefährdet ist, eine schwere Schädigung des Fötus droht oder die Schwangere zum Zeitpunkt der Empfängnis unter 14 Jahre alt war. Minderjährige zwischen 14 und 17 Jahren dürfen grundsätzlich selbst einwilligen, sofern sie einsichtsfähig sind.
Kosten und Zugang
Abbrüche sind keine Leistung der Krankenkassen, sofern keine medizinische Indikation vorliegt. Die Kosten liegen:
- in öffentlichen Spitälern Wiens bei rund 417 Euro,
- in privaten Einrichtungen bei 490 bis 660 Euro.
In anderen Bundesländern können die Beträge variieren. Pflichtberatungen oder Wartezeiten wie in Deutschland gibt es in Österreich nicht – die Entscheidung bleibt bei der Frau, das ärztliche Aufklärungsgespräch ist jedoch vorgeschrieben.
Notfallverhütung als präventiver Faktor
Auch die „Pille danach“ hat wesentlich zur Verringerung ungewollter Schwangerschaften beigetragen. In Österreich ist sie seit 2009 rezeptfrei in Apotheken erhältlich, zunächst mit dem Wirkstoff Levonorgestrel, seit 2015 auch mit Ulipristalacetat. Diese Liberalisierung hat die Hemmschwelle gesenkt, nach einer Verhütungspanne ärztliche Hilfe aufzusuchen – und damit die Zahl potenzieller Abbrüche verringert.
Der Zugang ist niedrigschwellig, Beratung erfolgt direkt in der Apotheke. Während in Österreich die Kosten zwischen 17 und 40 Euro liegen, ist die Notfallverhütung in Großbritannien seit 2025 vollständig kostenlos und kann über jede Apotheke bezogen werden. Fachleute sehen darin einen klaren Zusammenhang: Je einfacher und günstiger der Zugang, desto seltener wird ein Abbruch überhaupt in Erwägung gezogen. Das Ergebnis bleibt dasselbe: Eine Schwangerschaft wird verhindert, ein Kind kommt nicht zur Welt.
- Levonorgestrel: bis 72 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr wirksam
- Ulipristalacetat: bis 120 Stunden
Die „Pille danach“ steht sinnbildlich für einen gesellschaftlichen Wandel – und zu einem deutlichen Rückgang von Geburten über alle Altersgrenzen hinweg in den vergangenen Jahren.
Gesellschaftliche Aspekte
Neben Aufklärung und medizinischem Fortschritt spielt auch das veränderte Bewusstsein eine Rolle. Beziehungen und Sexualität werden offener thematisiert, die soziale Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen hat abgenommen. Zugleich wächst das Verantwortungsgefühl beider Geschlechter: Frauen können selbstbestimmt entscheiden, Männer übernehmen vermehrt Mitverantwortung für Verhütung und Planung. Diese Entwicklung zeigt, dass sexuelle Selbstbestimmung heute partnerschaftlicher gelebt wird als je zuvor.
Der Rückgang der Teenagerschwangerschaften ist Ausdruck einer gesellschaftlichen Entwicklung – und ein Puzzlestein dafür, warum immer weniger Geburten in Österreich verzeichnet werden. Für die persönliche Entwicklung des Einzelnen ist der Abbruch einer Schwangerschaft oft die scheinbar beste Lösung. Individuelle Erfahrungen zeigen aber ebenso Fälle, in denen diese Entscheidung später bereut wird.
Da der Abbruch rechtlich und medizinisch weiterhin die Domäne der Frau bleibt, muss die Gesellschaft mit den Auswirkungen umgehen können, die der allgemeine Geburtenrückgang bedingt – und diese Realität ebenso akzeptieren.
(PA/red)