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Wie Bettwanzen zur echten Gefahr werden

Der Tod einer Urlauberfamilie führt vor Augen, wie riskant der Einsatz von Pestiziden gegen Bettwanzen sein kann.

19.11.2025 9:53
Redaktion
© Adobe

Ein süßlicher Geruch im Hotelflur, ein kurzer Stich in der Nase – mehr braucht es manchmal nicht, um eine unsichtbare Gefahr zu markieren. Immer wieder zeigen tragische Fälle, zuletzt jener einer deutschen Familie in Istanbul, wie schnell eine Schädlingsbekämpfung außer Kontrolle geraten kann. Behörden rekonstruierten damals ein Muster, das im internationalen Tourismus seit Jahren bekannt ist: Bettwanzen, die still in Matratzen und Ritzen lauern – und Pestizide. Unbedacht eingesetzt, werden sie zur tödlichen Bedrohung. Oft aus Angst vor schlechten Bewertungen oder Hotelkritiken.

Die Spur führt zu einem Schädlingsmittel

Laut einem vorläufigen Bericht der türkischen Gerichtsmedizin soll ein Schädlingsbekämpfungsmittel, eingesetzt im Erdgeschoss des Hotels, ausschlaggebend gewesen sein. Aluminiumphosphid – ein Gift, das beim Kontakt mit Feuchtigkeit Phosphin freisetzt – dürfte sich über Lüftung oder Wasserleitungen ausgebreitet haben. Die Familie wurde zunächst wegen Übelkeit behandelt, dann erneut eingewiesen. Zwei Kinder starben in derselben Nacht, Mutter und Vater kurz darauf.

Während die Behörden weiter ermitteln, wird klar: Nicht nur Bettwanzen, sondern die Art ihrer Bekämpfung birgt Risiken, die Gäste oft nicht einmal ahnen.

Was Bettwanzen so tückisch macht

Bettwanzen sind winzige Nachtjäger. Tagsüber verkriechen sie sich in Matratzenkanten, Sockelleisten oder hinter Bildern. Besonders in warmen Regionen mit hoher Gästewechselrate nehmen Befälle zu – vom mediterranen Stadthotel bis zum tropischen Resort.

Gefährlich sind ihre Bisse selten in medizinischem Sinn, doch sie lösen Juckreiz, Hautreaktionen und Schlafprobleme aus. Vor allem aber fördern sie Panik: Wer einmal befallen war, erkennt das Gefühl des nächtlichen Ausgeliefertseins wieder. Krankheiten übertragen die Tiere zwar nicht – aber sie fressen sich tief ins Sicherheitsgefühl eines Raums.

Wenn die chemische Keule danebengeht

Schädlingsbekämpfung gegen Bettwanzen ist kompliziert, weil die Tiere resistent werden. Viele Hotels greifen daher zu aggressiven Mitteln – darunter Aluminiumphosphid, das in vielen Ländern nur mit Sondergenehmigung angewandt werden darf. Es ist kein typisches Haushaltsprodukt, sondern ein hochwirksames Vorratsschutzmittel aus der Landwirtschaft.

Fehler entstehen, wenn:
– nicht zertifizierte Dienstleister Mittel falsch dosieren,
– Räume nicht ausreichend evakuiert oder belüftet werden,
– Gase unbemerkt in angrenzende Bereiche entweichen,
– Hotels aus Kostendruck auf Billiganbieter zurückgreifen.

In der Türkei sind Todesfälle nach unsachgemäßem Pestizideinsatz keine Ausnahme. Auch frühere Fälle – von Studierenden bis zu Touristen – wurden später auf ähnliche Vergiftungen zurückgeführt.

Wie man Bettwanzen erkennt – und wieder loswird

Bettwanzen verbreiten sich oft über Gepäck. Wer verreist, sollte Matratzenränder, Bettgestelle und Sofafugen beim Einchecken kurz prüfen. Schwarzbraune Punkte, kleine Häutungsreste oder ein süßlich-metallischer Geruch gelten als Warnsignale.

Kommt es zuhause zum Ernstfall, helfen einfache Schritte:
– Bettwäsche heiß waschen (mind. 60 °C)
– textile Gegenstände hitzebehandeln
– gründlich saugen, Möbel verrücken
– einen professionellen Schädlingsbetrieb beauftragen

Chemische Mittel sind nur ein Werkzeug – oft sind Hitzeverfahren nachhaltiger und sicherer. In Innenräumen darf nur mit zugelassenen Substanzen gearbeitet werden, und niemals bei anwesenden Personen.

Der Istanbul-Fall als warnendes Beispiel

Bettwanzen sind lästig – aber selten gefährlich – bestimmt nicht lebensbedrohlich. Was sie gefährlich macht, sind die Entscheidungen, die im Kampf gegen sie getroffen werden: Improvisation, Kostendruck, fehlende Expertise. Der Fall aus Istanbul erinnert daran, dass Schädlingsbekämpfung kein Nebenjob ist.

(red)

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