Dunkle Materie: Fund bringt Licht ins Dunkel
Ein japanischer Astrophysiker meldet ungewöhnliche Gammastrahlen aus dem Zentrum der Milchstraße.
Die Dunkle Materie gilt als unsichtbares Grundgerüst des Universums. Sie hält Galaxien zusammen, wirkt ausschließlich über ihre Schwerkraft – und entzieht sich jedem direkten Nachweis. Genau an diesem Punkt setzt nun ein neuer Befund an: Der Astrophysiker Tomonori Totani (Universität Tokio) berichtet von Gammastrahlen im Zentrum der Milchstraße, die sich mit herkömmlicher Physik nicht erklären lassen. Seine Studie erscheint im Journal of Cosmology and Astroparticle Physics und beruht auf Daten des Fermi-Weltraumteleskops.
Totani vermutet, dass die Strahlung von Kollisionen sogenannter WIMPs stammen könnte – hypothetischen Teilchen der Dunklen Materie. Solche Zusammenstöße würden einen kugelförmigen Strahlungs-Halo erzeugen, genau jenes Muster, das Totani in seiner Analyse findet. Wäre das korrekt, wäre es der erste direkte Hinweis auf die verborgene Materie, die fünfmal mehr Masse im Universum ausmacht als alles Sichtbare zusammen.
Skepsis in der Fachwelt
Doch die Reaktionen bleiben vorsichtig. Forscher wie Francesca Calore (CNRS) verweisen darauf, dass ähnliche Signale in anderen Galaxien fehlen. Auch Totanis Modell sei kaum getestet und daher wissenschaftlich fragil. Bereits seit 20 Jahren diskutieren Physiker über einen Gammastrahlenüberschuss im galaktischen Zentrum – ohne eindeutiges Ergebnis. Der österreichische Theoretiker Josef Pradler (ÖAW, Uni Wien) betont, dass auch dieser neue Befund die alte Debatte nicht löst, sondern lediglich erweitert.
Unnützes Wissen?
Für den praktischen Alltag hat der mögliche Fund noch keine Auswirkungen. Er zeigt jedoch, wie wenig wir über die physikalische Grundstruktur unseres Kosmos wissen und wie vorsichtig Wissenschaft mit spektakulären Behauptungen umgeht. Ein direkter Nachweis der Dunklen Materie wäre zweifellos eine Sensation – doch soweit ist es nach heutigem Stand nicht.
(ORF/red)