Globale Kindersterblichkeit nimmt erstmals seit 2000 zu
Erstmals seit Jahrzehnten droht die weltweite Kindersterblichkeit wieder zu steigen – ein alarmierender Rückschritt, der vor allem die Ärmsten trifft.
Die aktuellen Warnungen der Gates-Stiftung markieren eine besorgniserregende Entwicklung: Erstmals seit dem Jahr 2000 könnte die weltweite Kindersterblichkeit wieder ansteigen. Nach Jahrzehnten kontinuierlicher Fortschritte, in denen die Zahl der Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren nahezu halbiert wurde, zeichnet sich nun eine Kehrtwende ab. Ursache ist nicht ein Mangel an medizinischem Fortschritt, sondern eine Überlastung und Unterfinanzierung der Gesundheitssysteme in vielen Ländern sowie deutlich sinkende internationale Hilfsgelder.
Einbrechende Unterstützung
In vielen einkommensschwachen Staaten stehen die Gesundheitssysteme zunehmend unter Druck. Hohe Schulden, wirtschaftliche Instabilität und strukturelle Schwächen führen dazu, dass selbst grundlegende Gesundheitsleistungen nicht mehr zuverlässig erbracht werden können. Gleichzeitig sind die globalen Ausgaben für Entwicklungs- und Gesundheitsprogramme zuletzt spürbar zurückgegangen. Kürzungen dieser Art wirken sich unmittelbar auf Impfkampagnen, Präventionsprogramme und die Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten aus. All das trifft besonders Kinder, die in den ersten Lebensjahren am stärksten auf robuste medizinische Strukturen angewiesen sind.
Fortschritte nicht selbstverständlich
Der beachtliche Rückgang der Kindersterblichkeit in den vergangenen zwei Jahrzehnten war das Ergebnis eines weltweit abgestimmten Kraftakts. Impfprogramme, verstärkte Präventionsmaßnahmen gegen Malaria, Durchfall und Lungenentzündung sowie Investitionen in Mutter-Kind-Gesundheit haben Millionen Leben gerettet. Die jetzigen Warnungen verdeutlichen jedoch, wie fragil solche Fortschritte sind. Werden sie finanziell nicht getragen, können Krankheiten, die längst als beherrschbar gelten, wieder vermehrt tödlich enden.
Folgen eines globalen Rückschritts
Ein erneuter Anstieg der Kindersterblichkeit hätte nicht nur unmittelbare humanitäre Konsequenzen, sondern auch langfristige Auswirkungen auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen. Höhere Krankheits- und Sterberaten belasten Bildungssysteme, reduzieren Zukunftschancen und verstärken Armutsspiralen. Besonders betroffen wären Länder, deren Bevölkerungen ohnehin jung und wachsend sind – Regionen also, in denen stabile Gesundheitssysteme den größten Unterschied machen würden.
Problemlösung ist bekannt
Trotz der alarmierenden Prognosen bleibt die Situation nicht hoffnungslos. Viele der drohenden Todesfälle ließen sich mit vergleichsweise einfachen und kostengünstigen Maßnahmen verhindern: durch verlässliche Impfkampagnen, bessere primäre Gesundheitsversorgung, frühzeitige Diagnose und Behandlung häufiger Infektionskrankheiten. Die notwendigen Strukturen existieren bereits in vielen Ländern, doch ohne langfristige Finanzierung sind sie nicht ausreichend stabil. Der Bericht der Gates-Stiftung ist daher vor allem ein Appell: Fortschritte in der globalen Gesundheitspolitik dürfen nicht als selbstverständlich gelten. Sie müssen gepflegt, finanziert und immer wieder neu verteidigt werden. Wenn die internationale Gemeinschaft jetzt gezielt handelt und verlorene Mittel wieder aufstockt, könnte der negative Trend gestoppt werden. Misslingt dies, droht eine Entwicklung, die das Leben von Millionen Kindern beeinträchtigt – und einen historischen Erfolg der globalen Zusammenarbeit zunichtemacht.
(red)