Gasmarkt: „quasi monopolartige“ Konzentration
"Taskforce Strom & Gas" von E-Control und Bundeswettbewerbsbehörde legt zweiten Zwischenbericht vor. Kritik an intransparenten Preisindexklauseln.
Die Marktkonzentration am österreichischen Erdgasmarkt ist sehr hoch, man könne hier „von quasi monopolartigen Größenordnungen sprechen“, meint die Chefin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Natalie Harsdorf. Dass einzelne Anbieter so dominante Marktstellungen haben und die Strom- und Gaspreise höher sind als sie sein müssten, liegt aber auch an der geringen Bereitschaft der Energiekunden, ihre Anbieter zu wechseln, sagt E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch.
Die BWB und die Energie-Regulierungsbehörde haben am Dienstag den zweiten Zwischenbericht ihrer Taskforce Strom & Gas vorgelegt. Seit dem ersten Zwischenbericht vom Juni 2023 habe es eine gewisse Entspannung bei den Preisen gegeben, so Harsdorf. Langsam seien wieder kompetitive Neukundenangebote auf dem Markt verfügbar, aber die Nachwirkungen der Krise im Jahr 2022 seien immer noch deutlich zu spüren. Die Marktkonzentration sei nach wie vor sehr hoch, bei Erdgas hätten die Landesenergieversorger und größten Stadtwerke in ihren Netzen eine ähnlich starke Marktstellung wie bei Strom.
So würden in Wien alternative Gasanbieter nur auf rund ein Viertel Marktanteil kommen. Im zweitgrößten Netz, in Niederösterreich komme die EVN auf 70 Prozent Marktanteil, das sei nur etwas weniger als bei Strom. Auch im Burgenland dominiert der Landesenergieversorger ähnlich wie bei Strom. Im Westen Österreichs kommen die Landesenergieversorger auf Marktanteile über 90 Prozent, mit einem Spitzenwert von 97 Prozent in Vorarlberg.
Wechsel-Muffel
Dass die Landesversorger so unangefochten agieren können, liegt auch an den Energiekunden, von denen die meisten gar nicht wissen, wie viel sie für Strom und Gas bezahlen. 84 Prozent der Gaskunden wissen nicht, wie hoch ihr Gaspreis ist, 68 Prozent wissen nicht, wie viel sie für die Kilowattstunde Strom bezahlen. „Das ist aber die wesentliche Voraussetzung, um überhaupt eine Entscheidung treffen zu können, ob ich den Lieferanten wechsle, oder eben nicht“, sagte Urbantschitsch. Mehr als die Hälfte der Kunden habe überhaupt noch nie ihren Energielieferanten gewechselt. Diese Trägheit ermögliche es den lokalen Anbietern, höhere Preise durchzusetzen.
Mit verantwortlich dafür seien die Indexanpassungsklauseln in Energielieferverträgen, die oft intransparent und inkonsistent seien. „Das zeigen auch entsprechende Gerichtsentscheidungen“, so Urbantschitsch. „Da warten wir natürlich alle auf die höchstgerichtlichen Entscheidungen diesbezüglich.“ Vor allem die unterschiedlichen Arten von Preisanpassungsklauseln und -formeln würden es Kunden praktisch unmöglich machen, die Preiserhöhungen vorherzusehen. Wichtig wäre für mehr Transparenz auch eine monatliche Energierechnung. „Wenn ich einmal im Monat eine Rechnung bekomme und weiß, wie viel ich bezahle, dann kann ich auch reagieren und kann mich vor solchen hohen Preisen schützen, ich kann einfach abwandern.“
Steigende Beschwerdeflut
Beginnend mit dem Jahr 2023 habe es vermehrt Beschwerden bei der E-Control wegen extrem anmutender Preise gegeben, berichtete Urbantschitsch. Diese Preise lagen bei Strom teilweise erheblich höher als 61 Cent pro Kilowattstunde und bei Gas höher als 25 Cent/kWh. „Derartige Preise sind auf Basis von Einkaufsstrategien für die Taskforce kaum oder schlicht nicht nachvollziehbar, da sie im Extrem bei über 300 Prozent der aktuell teuersten, aber noch plausiblen Einkaufsstrategien liegen.“
Harsdorf wiederum appelliert an die nächste Regierung, rechtzeitig für eine Verlängerung des „Bundesgesetzes zur Abmilderung von Krisenfolgen und zur Verbesserung der Marktbedingungen im Falle von marktbeherrschenden Energieversorgern“ zu denken. Dieses Gesetz, bei dem es um eine kartellrechtliche Energiepreiskontrolle gehe, werde nämlich sonst Ende 2027 außer Kraft treten.
Fernwärme-Untersuchung
Aufklärungsbedarf sieht die BWB auch im Fernwärmesektor und startet deshalb Branchenuntersuchung in diesem Sektor, weil sie Wettbewerbseinschränkungen vermutet. Rund ein Drittel der Haushalte in Österreich werden mit Nah- oder Fernwärme versorgt. Untersuchen wollen die Wettbewerbshüter vor allem die Fernwärmemärkte, auf denen die großen Landesenergieversorger wie Wien Energie, Energie Steiermark, KELAG, Salzburg AG, Energie AG und EVN aktiv sind.
apa
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