CO₂-Speicherung stößt an ihre Grenzen
CO₂ unter der Erde zu speichern gilt als vielversprechende Klimamaßnahme – doch die Möglichkeiten dafür sind begrenzter als bisher angenommen.

Die Abscheidung und Speicherung von CO₂ – kurz CCS (Carbon Capture and Storage) – gilt vielen als eine Schlüsseltechnologie im Kampf gegen den Klimawandel. Vor allem in jenen Bereichen, in denen sich Emissionen kaum vermeiden lassen, etwa in der Zement- oder Stahlproduktion, wird CCS als unverzichtbar betrachtet. Die Vorstellung klingt verlockend: CO₂ wird aufgefangen, tief in der Erde gespeichert und somit dauerhaft aus der Atmosphäre entfernt. Doch neue wissenschaftliche Analysen bremsen den Enthusiasmus deutlich. Forschende des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) haben das globale Potenzial der CO₂-Speicherung unter realistischen Bedingungen neu bewertet – mit ernüchterndem Ergebnis.
Weniger Wirkung als erhofft
Die Erwartungen an CCS sind hoch: Manche Klimaszenarien gehen davon aus, dass damit die globale Temperatur um bis zu sechs Grad gesenkt werden könnte – langfristig gesehen. Doch die neue IIASA-Studie kommt zu einem ganz anderen Schluss: Wenn man Sicherheitsrisiken, geologische Gegebenheiten und soziale Akzeptanz berücksichtigt, könne die Technologie die Erderwärmung bis zum Jahr 2200 nur um rund 0,7 Grad Celsius reduzieren. Das liegt vor allem daran, dass viele potenzielle Lagerstätten nicht genutzt werden können. In dicht besiedelten Regionen oder Gebieten mit Trinkwasserreserven ist die Speicherung von CO₂ schlicht zu riskant.
Sichere Speicherplätze sind rar
Die Studie zeigt, dass sich das nutzbare Potenzial weltweit stark unterscheidet. Länder wie Norwegen oder Kanada haben günstige geologische Voraussetzungen, doch in Europa – auch in Österreich – sieht es weniger gut aus. Die geologischen Strukturen sind komplex, und die Sicherheitsanforderungen hoch. Das bedeutet: Selbst wenn die Technik vorhanden ist, fehlt es vielerorts an geeigneten Speicherplätzen. In Österreich ist die Situation besonders eindeutig: Seit 2011 ist die unterirdische CO₂-Einlagerung gesetzlich verboten – abgesehen von kleinen Forschungsprojekten. Die Debatte darüber, ob man das Verbot lockern sollte, ist dennoch neu entbrannt.
Vorsichtige Öffnung zur CO₂-Speicherung
2024 hat die österreichische Bundesregierung eine Carbon-Management-Strategie (CMS) vorgestellt, in der die gezielte Nutzung von CCS für besonders schwer vermeidbare Emissionen empfohlen wird. Die Technologie soll dabei aber nur unter strengen Auflagen eingesetzt werden – etwa bei Zementwerken oder in der chemischen Industrie. Wirtschaftsvertreter betonen, dass CCS kein Ersatz für den Umstieg auf erneuerbare Energien sei, aber ein „notwendiger Teil der Lösung“. Umweltorganisationen sehen das kritischer. Sie warnen, dass CCS als „technologisches Feigenblatt“ missbraucht werden könnte, um den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen weiter hinauszuzögern.
Überzogene Erwartungen
Die Skepsis gegenüber CCS ist nicht neu. Schon 2012 sprach sich der renommierte Geophysiker Mark Zoback von der Stanford University gegen die großflächige Nutzung aus. Seiner Ansicht nach ist es kaum möglich, dauerhaft große Mengen CO₂ sicher unter der Erde zu lagern – zu groß seien die Risiken für Leckagen oder seismische Aktivitäten. Auch neuere Studien, etwa vom Imperial College London, stützen diese Einschätzung. Statt der vom Weltklimarat (IPCC) angenommenen 30 Gigatonnen CO₂ pro Jahr bis 2050 sei weltweit nur ein Sechstel davon realistisch zu speichern – also etwa fünf bis sechs Gigatonnen jährlich.
Ergänzung, aber kein Wundermittel
Die CO₂-Einlagerung kann ein sinnvolles Werkzeug sein – vor allem in Industriezweigen, in denen Emissionen technisch kaum vermeidbar sind. Doch als umfassende Lösung für die Klimakrise taugt die Technologie nicht. Dafür ist sie zu teuer, zu riskant und geologisch zu begrenzt. Der Weg zu Netto-Null-Emissionen führt vor allem über den Ausstieg aus fossilen Energieträgern, den Ausbau erneuerbarer Energien und die Reduktion des Energieverbrauchs. CCS kann dabei helfen – aber nur als Teil eines viel größeren Gesamtplans.
(red)