COP30: Freie Bahn für Klimakonferenz in Belem
Während die UNO in Brasilien zur Tempoerhöhung mahnt, reist EU-Europa mit rechnerischen Erfolgen an.
Die 30. UNO-Klimakonferenz (COP30) hat am Montag, 10. November 2025, in der brasilianischen Amazonas-Metropole Belem begonnen. UNO-Klimachef Simon Stiell betonte in seiner Eröffnungsrede die bisherigen Fortschritte des Pariser Abkommens, mahnte aber unmissverständlich mehr Tempo ein. Zwar sei das Wachstum der globalen Emissionen gebremst worden, doch das Ziel, die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad zu begrenzen, drohe verloren zu gehen.
„Jetzt zu zögern, macht weder wirtschaftlich noch politisch Sinn“, warnte Stiell und verwies auf die wirtschaftlichen Schäden durch Dürren, Überschwemmungen und steigende Lebensmittelpreise. Der Konferenzpräsident André Corrêa do Lago forderte die Staaten auf, den Multilateralismus wiederzubeleben und wissenschaftlichen Erkenntnissen mehr Gewicht zu geben.
Die Energiewende als globale Chance
Stiell brachte die Energiewende als Hoffnungsträger ins Spiel: Solar- und Windkraft seien heute in 90 Prozent der Welt die günstigsten Energieformen. Investitionen in erneuerbare Energien überträfen jene in fossile Quellen bereits im Verhältnis 2:1. „Erneuerbare haben Kohle als wichtigste Energiequelle abgelöst“, sagte er – ein Signal, das auch wirtschaftspolitisch Gewicht hat.
In Belem werden in den kommenden zwei Wochen mehr als 190 Staaten mit rund 50.000 Teilnehmenden beraten, wie sich die Erderhitzung und ihre Folgen eindämmen lassen. Zentrale Themen sind Finanzierungshilfen für ärmere Staaten, Anpassungsstrategien an den Klimawandel und neue Verpflichtungen bis 2040.
Europa auf Zahlkurs
Die EU-Delegation reist mit einem neuen Klimaziel an: minus 90 Prozent Treibhausgase bis 2040 gegenüber 1990. Allerdings dürfen bis zu fünf Prozentpunkte über den Kauf von Emissionszertifikaten in Drittstaaten „erkauft“ werden. Der tatsächliche Reduktionspfad liegt damit bei 85 Prozent.
Österreichs Umweltminister Norbert Totschnig sprach von einem „klaren Signal für Industrie und Wettbewerbsfähigkeit“. Kritiker wie die EU-Abgeordnete Lena Schilling warfen der Union hingegen „politische Kosmetik“ vor. Umweltorganisationen bezeichneten den Beschluss als „Rechenkunststück ohne Wirkung“.
Dass die Einigung in Brüssel just vor dem Gipfel in Belem zustande kam, ist kein Zufall. Die EU wollte nicht „mit leeren Händen“ anreisen. Das Ergebnis wirkt wie eine symbolische Eintrittskarte: ambitioniert auf dem Papier, aber mit großzügigen Schlupflöchern.
Österreichs Rolle in Belem
Bundespräsident Alexander Van der Bellen blieb der COP30 wie schon im Vorjahr fern. Umweltminister Totschnig soll vor Beginn der entscheidenden Verhandlungswoche eintreffen. Die österreichische Fachdelegation unter Leitung von Simon Ellmauer-Klambauer ist seit Beginn vor Ort. Ihr Auftrag: Brücken bauen zwischen Industrieinteressen, Klimazielen und internationaler Verantwortung – klassische österreichische Diplomatie, diesmal in tropischer Hitze.
Die Klimakonferenz in Belem steht für eine neue Phase internationaler Klimapolitik: weniger Streit um Ziele, mehr Kampf um Glaubwürdigkeit. Während UNO-Chef Stiell auf Umsetzungswillen setzt, reist Europa mit Zahlen statt mit Konzepten an. Was bleibt, ist die Diskrepanz zwischen Klima-Rhetorik und Realität – und die Hoffnung, dass wenigstens am Amazonas ein neuer Aufbruch gelingt.
(APA/red)