Die Zukunft der Wasserkraft
Wasserkraftwerke erzeugen einen Konflikt zwischen Natur- und Klimaschutz: Zwar sieht die Branche großes Potenzial für stärkeren Ausbau, zahlreiche Forscher und Umweltschutzorganisationen warnen allerdings vor den Auswirkungen auf die Gewässer und Lebensräume
Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) sieht vor, dass der österreichische Strombedarf bis 2030 über das Jahr gerechnet vollständig aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden soll. Um das Ziel zu erreichen, sollen unter anderem jährlich fünf Terawattstunden zusätzlich aus Wasserkraft produziert werden. Das bedeutet, es bräuchte bis 2030 entweder fünf große Donaukraftwerke oder eine Verdoppelung der aktuell rund 4.000 Kleinwasserkraftwerke.
Als Kleinwasserkraftwerke zählen in Österreich Kraftwerke bis 10 Megawatt. Eines davon steht in Wien auf der Donauinsel, wo Sickerwasser der Donau genutzt wird, ein anderes steht in der Gemeinde Stockenboi unterhalb des Weißensees in Kärnten. Auch wenn sie kleiner sind als die großen Laufwasserkraftwerke entlang von Donau, Inn, Enns, Drau oder Mur, erzeugen solche Kraftwerke zusammen 6,6 Terawattstunden Strom und decken rund 10 Prozent des österreichischen Strombedarfs.
Die Interessensvertretung Kleinwasserkraft Österreich kritisiert, dass zu wenig neue Kleinwasserkraftwerke gebaut werden, um die Klimaziele Österreichs zu erreichen. Es brauche höhere Förderungen und bessere Rahmenbedingungen. 2023 wurden nur mehr 20 Kleinwasserkraftwerke neu gebaut, 2022 waren es noch 35.
Die Branche verweist darauf, dass noch viel Potenzial zum Ausbau vorhanden wäre. Viele Dämme, Wehre, Speicherteiche, aber auch Hochwasserschutzbauten würden sich für die Stromerzeugung eignen. Laut Kleinwasserkraft Österreich könnten bis zu 14 Terawattstunden Strom zusätzlich produziert werden.
Es gibt jedoch auch kritische Stimmen. Der Österreichische Biodiversitätsrat (ÖBDR), der aus 24 Wissenschafterinnen und Wissenschaftern besteht, sagt, der Ausbau von Kleinwasserkraft sei energiewirtschaftlich und ökologisch falsch. Die Stromproduktionskosten seien bei Kleinwasserkraft sehr hoch, der Betrieb meist erst durch hohe Subventionen wirtschaftlich.
Die wahren Kosten lasten, so der ÖBDR, aber auf den Gewässern. Jede Stauhaltung bedeute Lebensraumverlust. Die massiv beeinträchtigte Durchlässigkeit der Flüsse und Bäche führe dazu, dass der natürliche Wasser- und Sedimenttransport nicht stattfinden kann und Tieren wie Pflanzen wichtige Ausbreitungswege versperrt werden. Dieses lokale Zusammenbrechen von Artengemeinschaften sei der Hauptmechanismus des globalen Artensterbens. Der Biodiversitätsrat verweist darauf, dass nur noch 6 Prozent der heimischen Fließgewässer in einem annähernd naturnahen Zustand seien.
Auch der WWF weist darauf hin, dass jedes Wasserkraftwerk ein massiver Eingriff in den natürlichen Lebensraum eines Flusses sei. Strom aus Wasserkraft habe laut WWF „zu Unrecht“ ein gutes Image, denn es sei nur das Wasser erneuerbar, die zerstörten Lebensräume jedoch nicht. Die starke Verbauung der Flüsse sei die Hauptursache dafür, dass rund 60 Prozent der heimischen Fischarten gefährdet oder vom Aussterben bedroht seien.
Der WWF fordert, der Ausbau müsse ökologisch und sozial verträglich erfolgen. Gerade kleine Wasserkraftwerke werden kritisch gesehen, denn der minimale Beitrag, den sie zur Energiewende leisten, stünde in keinem Verhältnis zur angerichteten Naturzerstörung.
APA/Red.
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