Doomsday-Gletscher am Schmelzpunkt
Der Thwaites-Gletscher in der Antarktis zerbröckelt und gilt als einer der gefährlichsten Eismassen der Welt.

Sein Kollaps könnte den Meeresspiegel dramatisch ansteigen lassen. Wissenschaftler suchen nach Lösungen – doch nicht jede Idee ist realistisch.
Der „Doomsday“-Gletscher im Porträt
Der Thwaites-Gletscher erstreckt sich über eine Fläche von rund 192.000 Quadratkilometern – größer als Österreich und Ungarn zusammen. Er bildet einen zentralen Bestandteil des westantarktischen Eisschilds. Sollte er vollständig ins Meer rutschen, könnte dies den globalen Meeresspiegel um bis zu 65 Zentimeter anheben. Langfristig drohen sogar mehrere Meter Anstieg, wenn weitere Eismassen destabilisiert werden.
Aktuelle Studien zeigen, dass warme ozeanische Strömungen zunehmend das Fundament des Gletschers angreifen und seinen Halt am antarktischen Kontinent schwächen. Der fortschreitende Verlust könnte irreversible Kettenreaktionen auslösen.
Radikale Ideen
Angesichts dieser Bedrohung arbeiten Forscher an teils visionären Methoden, um den Thwaites-Gletscher zu stabilisieren:
- Basale Kühlung: Der Einsatz gigantischer Kühlaggregate oder thermischer Barrieren, um die Temperatur an der Basis des Gletschers zu senken, ist technisch denkbar, aber enorm energieintensiv. Experten warnen vor dem Aufwand und den Nebenwirkungen solcher Eingriffe.
- Künstliche Barrieren: Der Bau von Unterwasserwällen oder künstlichen Inseln zur Blockade warmer Strömungen könnte die Eisschmelze verlangsamen. Erste Simulationen belegen einen gewissen Schutz, doch die Umsetzung wäre logistisch und finanziell kaum realisierbar – insbesondere in der rauen Umgebung der Antarktis.
- Reflektierende Folien: Wie bei der Albedo-Modifikation könnten reflektierende Materialien die Sonneneinstrahlung mindern. Diese Methode wird bereits testweise bei Alpengletschern eingesetzt, doch ihre Wirksamkeit auf die riesige Fläche des Thwaites bleibt zweifelhaft.
- Wasserableitung: Eine gezielte Ableitung von Schmelzwasser an der Gletscherbasis könnte helfen, den Auftrieb zu mindern. Hierzu sind jedoch präzise Bohrungen und ein hohes Maß an Kontrolle erforderlich.
Geo-Engineering
Führende Klimaforscher sehen in den genannten Ansätzen keine dauerhafte Lösung. „Solche Maßnahmen könnten bestenfalls Zeit gewinnen“, sagt Dr. Friederike Otto vom Grantham Institute in London. „Ohne eine massive Reduktion der Treibhausgasemissionen sind technische Eingriffe nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“
Die Risiken unkontrollierter Geo-Engineering-Maßnahmen sind erheblich: Unvorhersehbare Auswirkungen auf das globale Klima, politische Spannungen über die Steuerung solcher Projekte und ethische Fragen nach dem Eingriff in natürliche Systeme.
Maßnahmen für Klimaschutz
Die meisten Wissenschaftler sind sich einig: An erster Stelle muss die globale Erderwärmung gestoppt werden. Das bedeutet: rasche Dekarbonisierung, Ausbau erneuerbarer Energien und internationale Kooperation. Die Stabilisierung von Gletschern wie Thwaites kann nur gelingen, wenn die Ursachen der Erderwärmung bekämpft werden – nicht nur deren Symptome.
Wettlauf gegen das Eis
Technologische Innovationen können helfen, Zeit zu gewinnen – aber sie ersetzen keinen entschlossenen Klimaschutz. Der Thwaites-Gletscher ist ein Mahnmal für die Dringlichkeit globalen Handelns. Statt auf Kühlschränke für Gletscher zu setzen, braucht die Welt nachhaltige Strategien für eine klimafreundliche Zukunft.