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Ewigkeitsgifte belasten unseren Appetit auf Fisch

Österreich importiert Fische aus Nord- und Ostsee, in denen PFAS-Chemikalien teilweise die Grenzwerte überschreiten.

13.10.2025 10:44
Redaktion
© Adobe
Fischerboot

Fische aus Nord- und Ostsee enthalten nach aktuellen Analysen messbare Mengen an sogenannten PFAS-Chemikalien – langlebigen Rückständen aus früheren Industrieprozessen. Die Werte liegen teils über europäischen Grenzwerten, doch für den Markt ergibt sich daraus kein unmittelbares Verkaufsverbot. Die Funde zeigen vor allem eines: dass die Geschichte der industriellen Chemie sich noch immer in der Nahrungskette fortsetzt.

Altlast statt aktueller Skandal

PFAS – per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen – wurden seit den 1950er-Jahren in Textilien, Feuerlöschmitteln, Verpackungen und Beschichtungen eingesetzt. Viele Varianten sind heute verboten, doch sie zerfallen nicht. Die Meeresbiologie kennt das Phänomen seit Jahren: Stoffe, die in der Umwelt extrem stabil sind, lagern sich über Jahrzehnte in Sedimenten und Organismen ab.

In Nord- und Ostsee lassen sich solche Rückstände regelmäßig nachweisen. Dass sie sich nun auch in Speisefischen wiederfinden, ist weniger eine Enthüllung als eine Bestätigung – ein stilles, chemisches Erbe der Nachkriegsmoderne.

Belastet, aber marktfähig

Für den Handel gilt: Solange die EU-Grenzwerte eingehalten werden, dürfen betroffene Fischarten weiterhin verkauft werden. Die neuen Laborergebnisse betreffen einzelne Proben, nicht ganze Lieferketten. In Österreich, wo rund 94 Prozent des konsumierten Fisches importiert werden – ein großer Teil davon aus Deutschland – sehen Experten daher keinen unmittelbaren Handlungsbedarf.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) betont, dass Fisch ein relevanter, aber kontrollierter Faktor bei der PFAS-Aufnahme sei. Empfohlen werden laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ein bis zwei Portionen Fisch pro Woche – etwa 120 bis 150 Gramm – Werte, die auch von der AGES für Österreich übernommen werden. Ein generelles Verbot oder eine Warnung an Konsumentinnen und Konsumenten steht derzeit nicht zur Diskussion.

Das eigentliche Problem

Die Debatte über PFAS ist vor allem eine über den langen Schatten industrieller Stoffkreisläufe. Chemikalien, die einst als fortschrittlich galten, sind zu Umweltkonstanten geworden. Sie verweisen auf die Grenzen technischer Regulierung: Selbst wenn ein Stoff seit Jahren verboten ist, bleibt er messbar. Die Natur vergisst nicht, was Menschen in sie eingebracht haben.

Zwischen Aufklärung und Alarm

Greenpeace hat die Untersuchung in Auftrag gegeben, um das Bewusstsein für diese unsichtbaren Altlasten zu schärfen. Die Organisation fordert strengere Tests und mehr Transparenz in der Lebensmittelkontrolle. Doch mit der Warnung vor PFAS-belastetem Fisch trifft sie vor allem Konsumenten, die sich gesund ernähren wollen. Zwischen Aufklärung und Alarmismus bleibt das Thema damit ambivalent – denn die Empfehlung, nur rund 1/4 Kilo Fisch pro Woche zu essen, lässt tief in das tatsächliche Ausmaß der Belastung blicken.

Infobox: Was sind PFAS?

PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind eine Stoffgruppe von über 10.000 künstlichen Chemikalien. Sie werden wegen ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften in unzähligen Alltagsprodukten verwendet – von Outdoorjacken über Pfannenbeschichtungen bis zu Verpackungen. Ihr Spitzname „Ewigkeitsgifte“ rührt daher, dass sie in der Natur kaum abgebaut werden und sich im menschlichen Organismus über Jahre anreichern können.

(PA/red)

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