Lieferkettenregelung für niemanden streng genug
Der EU-Rechtsausschuss stimmt für eine Lockerung der Richtlinie sehr zur Empörung von AK und ÖGB.

Die geplante Entschärfung der europäischen Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) sorgt in Österreich für ungewöhnlich breite Unzufriedenheit. Nach der Abstimmung des Rechtsausschusses im EU-Parlament am Montag, 13. Oktober 2025, sind sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgebervertreter unzufrieden – allerdings aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Streng genug für niemanden
Die neue Linie sieht vor, dass die Richtlinie künftig nur noch für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz über 1,5 Milliarden Euro gilt. Damit würde der Geltungsbereich drastisch verkleinert – ursprünglich war von 1.000 Mitarbeitenden und 450 Millionen Euro Umsatz die Rede. Außerdem sollen Unternehmen bei Verstößen nicht mehr zivilrechtlich haftbar gemacht werden können.
Während AK und ÖGB die Verwässerung als „besorgniserregend“ und als „Schritt zurück zu ausbeuterischen Geschäftspraktiken“ kritisieren, sieht die Wirtschaftskammer (WKÖ) die Regelung als weiterhin überzogen. Sie fordert weniger Bürokratie und mehr Wettbewerbsfähigkeit für europäische Betriebe.
Aufschrei für Arbeitnehmer aus aller Welt
Bemerkenswert ist, dass die Kritik von AK und ÖGB gar nicht die heimischen Arbeitnehmer betrifft, deren Rechte von der EU-Richtlinie unberührt bleiben. Sie bezieht sich vielmehr auf Arbeitsbedingungen in Drittstaaten, also auf jene Zulieferbetriebe, die für europäische Konzerne produzieren. Damit wird ein globales Anliegen – die Wahrung von Menschenrechten entlang internationaler Lieferketten – in die Sprache nationaler Interessenvertretung übersetzt. Ein Schritt zurück zu ausbeuterischen Geschäftspraktiken?
Zwischen Wettbewerbsdruck und Kritik
Siegfried Menz, Obmann der WKÖ-Bundessparte Industrie, sprach in einer Aussendung von einem „Bürokratiemonster EU-Lieferkettengesetz“ und begrüßte zwar die Tendenz zur Abschwächung, hält aber die verbliebenen Pflichten für Großunternehmen weiterhin für zu komplex.
Dem widersprechen Arbeitnehmervertreter deutlich. Für Angela Pfister (ÖGB) bedeutet die geplante Änderung „einen Rückschritt bei den Grundrechten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern entlang der Lieferketten“. Auch Valentin Wedl von der AK Wien warnt vor einem „Rückfall in alte Muster“, in denen wirtschaftlicher Druck über sozialen Standards stand. Die NGO Südwind schließt sich der Kritik an und appelliert an das EU-Parlament, die finale Version abzulehnen.
Vorteile für Österreichs Mittelstand
Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) könnte die Entscheidung eine Entlastung bedeuten. Viele Betriebe waren bisher indirekt von den Berichtspflichten betroffen, da große Auftraggeber entsprechende Nachweise verlangten. Eine Reduktion des Prüfumfangs auf direkte Geschäftspartner könnte daher bürokratischen Aufwand und Kosten verringern.
(APA/red)