Mario Orth: Der (un)bekannte Wohltäter
Ein junger Mann verschenkt Essen an Bedürftige in Wien – und liebäugelt mit der Politik. Doch wer ist Mario Orth?

Seit einigen Monaten ist er regelmäßig in den Schlagzeilen. Boulevardportale wie oe24 und Krone berichteten über seine Essensausgaben, auch Bezirkszeitungen griffen das Thema auf. Fotos von langen Schlangen am Siebenbrunnenplatz in Margareten gingen durch soziale Netzwerke. Für manche wirkt er wie ein Wohltäter, für andere wie ein Selbstdarsteller. Grund genug, nachzufragen: Wer ist Mario Orth?
Herkunft und Studium
Orth ist 36 Jahre alt, aufgewachsen in Währing, seit Jahren in Döbling zuhause. Er hat Humanmedizin studiert, aber nie praktiziert. „Ich bin kein Arzt, habe auch nie als solcher gearbeitet“, sagt er. Diesen Teil seiner Biografie stellt er bewusst nicht in den Vordergrund. Orth möchte nicht als „Döblinger Arzt“ gesehen werden, sondern als jemand, der sich der Arbeiterklasse zugehörig fühlt.
Geldquelle und Mittel
Ohne Geld ließe sich sein Engagement nicht stemmen. Orth spricht offen über seine finanzielle Basis: Eine Erbschaft habe den Grundstock gelegt, später habe er in Kryptowährungen und kleinere Firmen investiert. Rund 250.000 Euro habe er bisher selbst in Projekte gesteckt. Über Spenden will er diesen Betrag aufstocken, das Ziel sei ein Fonds von einer Million Euro.
Essensausgabe als Symbol
Bekannt wurde Orth durch seine Essensstände. In Döbling vor einer S-Bahn-Station und in Margareten in einem Container verteilt er mehrmals pro Woche Mahlzeiten – Gulasch, Pizza oder Burger. „Essen verbindet. Beim Reden kommen die Leute zusammen“, sagt er. Seine Zielgruppe ist bewusst breit gefasst: von Schülern über Pensionisten bis zu Obdachlosen. Für Orth sind die Stände sichtbares Zeichen und praktisches Hilfsangebot zugleich.
Hilfe nach eigenen Regeln
Orth betont, dass er kein Geld verschenkt. Stattdessen gibt es konkrete Leistungen: Lebensmittel, Tablets für Kinder, in Ausnahmefällen auch die Übernahme von Rechnungen. „Eine alleinerziehende Mutter ohne Strom und Warmwasser – da habe ich gesagt, passt, wir übernehmen das.“ Solche Einzelfälle summieren sich auf rund 6.000 Euro. Grundsätzlich legt er Wert auf Sachspenden, weil er die Wirkung unmittelbar kontrollieren kann.
Kritik an Staat und NGOs
Für Orth ist sein Engagement auch eine Reaktion auf Versäumnisse. „Die Stadt Wien hat auf vielen Ebenen versagt.“ Er erzählt von Familien ohne Strom, Kindern in engen Wohnungen, Alleinerziehenden ohne Perspektive. Auch NGOs sieht er kritisch: „Da kommt das Geld oft nicht dort an, wo es gebraucht wird.“ Er setzt stattdessen auf den direkten Weg – ohne Zwischeninstanzen, ohne Bürokratie.
Ein Mann ohne Rückhalt
Privat lebt Orth zurückgezogen. „Ich bin mehr oder weniger eine One-Man-Show“, sagt er. Seine Eltern und Großeltern seien nicht mehr da, familiäre Bindungen habe er kaum, Ex-Partnerinnen gibt es. Aus seiner Kindheit erinnert er sich an eine Kultur des Helfens, wenn Nachbarn in Not waren. Für ihn prägend: „Kinder und Jugendliche haben am wenigsten Mitspracherecht – ihnen muss geholfen werden.“
Politik als Versuchsfeld
2025 wollte Orth mit seiner Bewegung „Mehr Lebensqualität“ bei der Bezirksvertretungswahl antreten. In 17 Bezirken sammelte er die nötigen Unterstützungserklärungen, am Ende zog er den Versuch zurück. Rechtliche Hürden und fehlende Organisation verhinderten den Antritt. Aufgeben will er nicht: Bei der nächsten Wahl will er es erneut versuchen. Politisch verortet er sich in einer „neuen Mitte“ – jenseits von Links und Rechts. Kontakte zu Kickl, Lugner oder Grosz erwähnt er, betont aber seine Unabhängigkeit.
Hartnäckigkeit als Prinzip
Was ihn antreibt? „Wenn schon die letzte Ratte aufgegeben hat, bin ich noch immer am Start.“ Ein Satz, der viel über sein Selbstverständnis verrät. Orth beschreibt sich als Kämpfer, der nicht locker lässt – auch in scheinbar kleinen Fragen. Für ihn sei das keine Pose, sondern „in der DNA“.
Kommentar: Mario Orth verteilt Essen, bezahlt Rechnungen, spricht über Politik und organisiert Hilfsaktionen. Er inszeniert sich als Macher – zugleich Helfer, Kritiker und Suchender. Seine Essensausgaben sind sichtbar, seine Motive nicht immer eindeutig. Ob er damit schlicht Imagepflege betreibt oder sein Krypto-Vermögen klug kanalisiert, bleibt offen.
(red)