Netzgebühr bremst kleine Stromerzeuger aus

Beschränkungen im neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz treffen mittelständische Energiegemeinschaften hart.

12.12.2025 12:13
Redaktion
© lotharnahler
Energiegemeinschaften fördern dezentrale Energieversorgung.

Der Ausbau von Photovoltaik, Windkraft und Energiegemeinschaften galt lange als Herzstück der österreichischen Energiewende. Bürger, Betriebe und Gemeinden investierten in Anlagen, Batteriespeicher und gemeinschaftliche Modelle – oft mit dem erklärten Ziel, Überschüsse ins Netz einzuspeisen und so schrittweise energieautarker zu werden. Mit dem nun beschlossenen Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) ändert sich für viele dieser Akteure jedoch die wirtschaftliche Realität.

Netzgebühr für Einspeiser: Was beschlossen wurde

Kernpunkt des neuen Gesetzes ist der Versorgungs-Infrastruktur-Beitrag (VIB). Er verpflichtet Stromerzeuger, die mit mehr als 20 Kilowatt Leistung ins öffentliche Netz einspeisen, zu einem laufenden Netzbeitrag auf die tatsächlich eingespeiste Strommenge. Im Jahresdurchschnitt darf dieser Beitrag maximal 0,5 Euro pro Megawattstunde betragen, also 0,05 Cent pro Kilowattstunde.

Entscheidend ist dabei nicht die theoretische Spitzenleistung einer Anlage (kWp), sondern die netzwirksame Einspeiseleistung am Netzanschlusspunkt. Für die ersten 20 Kilowatt gilt eine Freigrenze – darüber hinaus wird jeder eingespeiste Kilowattstunde ein Beitrag angelastet. Formal bleiben klassische Einfamilienhaus-Anlagen meist verschont, betroffen sind jedoch größere PV-Anlagen, gemeinschaftliche Projekte, Gewerbebetriebe und lokale Energiegemeinschaften.

Leistung, Strommenge und neue Risiken

Das Gesetz folgt der Logik der Netzbetreiber: Netze werden nicht durch Jahresmengen belastet, sondern durch Leistungsspitzen. Ergänzend zur Netzgebühr sieht das ElWG daher auch eine Spitzenkappung vor. Bei drohender Netzüberlastung dürfen Betreiber die Einspeisung neuer PV-Anlagen auf 70 Prozent, bei Windkraftanlagen ab 2027 auf 85 Prozent begrenzen. Insgesamt darf maximal rund ein Prozent der Jahresproduktion betroffen sein.

Für Betreiber bedeutet das eine schwierige Kalkulation: Einerseits sinkt der Erlös durch zusätzliche Abgaben, andererseits kann eingespeister Strom zeitweise technisch gedrosselt werden – genau in jenen Stunden, in denen Solar- oder Windstrom besonders ertragreich wäre.

Energiegemeinschaften zahlen drauf

Besonders kritisch ist die Wirkung auf Energiegemeinschaften, die politisch jahrelang als Bürgerprojekt der Energiewende hofiert wurden. Viele dieser Modelle kalkulierten bewusst mit Überschusseinspeisung, um Investitionen zu refinanzieren und langfristig unabhängig von volatilen Strompreisen zu werden. Das neue Gesetz verschiebt dieses Risiko nun klar zu den Produzenten.

Ausgerechnet jene Partei, die sich öffentlich als Vertreterin der kleinen Erneuerbaren positionierte, stimmte dem Gesetz letztlich zu. Die Grünen verhinderten zwar eine allgemeine Einspeisegebühr für private Kleinanlagen, trugen aber den neuen Netzbeitrag für größere Einspeiser und Gemeinschaftsmodelle mit.

Energiewende mit Nebenwirkungen

Das ElWG verfolgt legitime Ziele und wird gelobt für: gerechtere Netzkostenverteilung, Netzstabilität und einen Sozialtarif für einkommensschwache Haushalte. Gleichzeitig trifft es aber jene Akteure, die frühzeitig in dezentrale Stromerzeugung investiert haben. Für kleine Produzenten und Energiegemeinschaften bedeutet das Gesetz weniger Planungssicherheit und neue wirtschaftliche Hürden – und das Gefühl, mit ihrer Risikobereitschaft und dem Glauben an die Energiewende allein gelassen worden zu sein.

(red)

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