Österreich verliert Vertrauen in Gesundheitssystem
Besonders der Mangel an wichtigen Medikamenten bereitet vielen Menschen in Österreich große Angst.

Immer mehr Menschen in Österreich machen sich Sorgen um die medizinische Versorgung – allen voran um die Verfügbarkeit von Medikamenten. Zwei von drei Befragten befürchten, im Krankheitsfall nicht rechtzeitig an notwendige Arzneimittel zu kommen. Besonders betroffen sind ältere Menschen und chronisch Kranke, für die eine regelmäßige und verlässliche Medikamentenzufuhr essenziell ist. Laut dem aktuellen Austrian Health Report 2025 steht das Thema Medikamentenengpässe ganz oben auf der Liste jener Probleme, die den Menschen im Land am meisten unter den Nägeln brennen.
Lieferketten als Achillesferse
Ein wesentlicher Grund für die Engpässe liegt in der globalen Struktur der Medikamentenproduktion. Ein Großteil der Wirkstoffe wird in Asien hergestellt – vor allem in China und Indien. Europa ist in diesem Bereich stark abhängig. Kommt es in den Herkunftsländern zu Produktionsausfällen oder Exportbeschränkungen, ist die Versorgung in Österreich rasch gefährdet. Die Pandemie, geopolitische Spannungen und steigende Produktionskosten haben diese Anfälligkeit zuletzt deutlich gemacht.
Vorratsregelungen als Gegenmaßnahme
Die Politik hat mittlerweile reagiert. Eine neue Verordnung verpflichtet Pharmaunternehmen dazu, bestimmte wichtige Medikamente für mehrere Monate auf Lager zu halten. Rund 700 Präparate gelten als versorgungsrelevant und müssen künftig bevorratet werden. Zusätzlich wurden zentrale Wirkstofflager eingerichtet und Gelder bereitgestellt, um kurzfristige Ausfälle besser abzufangen.
Vertrauen schwindet, Erwartungen sinken
Trotz dieser Maßnahmen verliert die Bevölkerung zunehmend das Vertrauen in das Gesundheitssystem. Laut dem Austrian Health Report rechnet eine große Mehrheit der Befragten mit Einsparungen und Leistungskürzungen in den kommenden Jahren. 80% befürchten eine Zwei-Klassen-Medizin, bei der gute Versorgung immer stärker vom Einkommen abhängt. Besonders kritisch ist die Lage in ländlichen Regionen, wo es schon jetzt an Hausärzten und Fachärzten mangelt.
Rufe nach Reformen werden lauter
Die Ärztekammer und Patientenvertreter fordern umfassende Reformen. Neben Investitionen in Infrastruktur und Ausbildung brauche es vor allem bessere Rahmenbedingungen für das medizinische Personal. Der Personalmangel sei längst Realität – und er verschärfe die bestehenden Versorgungslücken zusätzlich. Ohne tiefgreifende Strukturänderungen sei eine nachhaltige Verbesserung kaum möglich.
Ein System am Scheideweg
Die Herausforderungen sind vielfältig: eine alternde Bevölkerung, steigende Kosten, globale Abhängigkeiten und ein wachsender Vertrauensverlust. Gleichzeitig gibt es Spielraum für Veränderung – durch gezielte Investitionen, regionale Versorgungskonzepte und eine stärkere Unabhängigkeit in der Medikamentenproduktion. Klar ist: Das österreichische Gesundheitssystem steht an einem Wendepunkt. Ob der richtige Kurs eingeschlagen wird, hängt davon ab, wie entschlossen Politik und Verantwortliche jetzt handeln.
(red)