Rezyklate: Wenn Müll wieder zu Müll wird
Österreich recycelt so viel wie nie, doch die Nachfrage nach den gewonnenen Rohstoffen bleibt aus.

Österreich gilt als Vorzeigeland beim Sammeln und Trennen von Abfällen. Plastik, Glas, Papier – alles landet ordentlich in den Containern. Doch was nützt das, wenn die gewonnenen Recyclingstoffe am Ende niemand kaufen will? Genau vor diesem Dilemma steht die Branche: Rezyklate stapeln sich, während Neuware aus Primärrohstoffen billiger und einfacher zu haben ist.
Die Branche warnt vor Stillstand
Der Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB) verweist auf eine paradoxe Situation. Obwohl die Müllberge nicht kleiner werden, drohen den Betrieben Umsatzeinbußen. Grund: Immer mehr gesammelte Materialien finden keinen Absatz. „Recycling verhindert Ressourcenverschwendung – aber nur, wenn Rezyklate tatsächlich eingesetzt werden“, betont VOEB-Präsidentin Gabriele Jüly.
Die Forderungen sind deutlich: Primäre und sekundäre Rohstoffe sollen gleichgestellt werden. Außerdem brauche es verbindliche Quoten, die die Industrie zwingen, einen bestimmten Anteil an Recyclingmaterial zu verwenden. Nur so entstehe ein echter Markt für die Sekundärrohstoffe.
Wenn Recycling wieder Müll wird
Die bittere Realität: Ohne Nachfrage werden Recyclingstoffe zu Ballen gepresst und ins Lager gestellt. Was nicht verkauft werden kann, landet im Export oder im schlimmsten Fall in der Verbrennung. Damit wird Recycling zum teuren Umweg – Müll bleibt Müll, auch wenn er zuvor fein säuberlich getrennt wurde.
Die Branche sieht nun die Politik gefordert. Öffentliche Ausschreibungen könnten zur Hebelwirkung werden, wenn Produkte mit Rezyklat-Anteil bevorzugt werden. Beispiele reichen von Baustoffen im Infrastrukturbau bis hin zu Textilien wie Polizeiuniformen oder Krankenhauswäsche. Der Staat soll als Großkunde vorangehen – und damit eine Nachfrage erzeugen, die das Recyclinggeschäft rettet.
Kreislauf oder Sackgasse?
Während Verbraucher immer wieder zum Müllvermeiden ermahnt werden, bleibt die Kernfrage ungelöst: Was passiert mit den Stoffen, die bereits recycelt wurden? Solange Neuware günstiger und rechtlich einfacher bleibt, droht Österreichs Recyclingwirtschaft in der Sackgasse zu landen. Der Kreislauf schließt sich erst, wenn Rezyklate nicht als Restprodukt, sondern als Rohstoff behandelt werden – mit echtem Wert und sicherem Absatz.
(PA/red)