Rückzieher bei strengem Lieferkettengesetz

Die Einigung in Brüssel schwächt zentrale Vorgaben der CSDDD ab und lässt vor allem KMU aufatmen.

09.12.2025 9:46
Redaktion
© Adobe

Die EU hat ihr Lieferkettengesetz (CSDDD) deutlich abgeschwächt – noch bevor es überhaupt zur Anwendung gekommen wäre. Unterhändler von Rat und Parlament haben sich in Brüssel darauf geeinigt, dass künftig nur noch sehr große Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern und 1,5 Milliarden Euro Umsatz den strengen Sorgfaltspflichten unterliegen. Damit verabschiedet sich die EU von den ursprünglich weitreichenden Plänen, die auch Mittelbetriebe indirekt massiv unter Druck gesetzt hätten.

Entlastung für Österreichs Mittelstand

Für KMU und viele Mittelständler bedeutet die Einigung eine spürbare Atempause. Die Sorge, über die Hintertür der Lieferkettenprüfung in eine Welle an Bürokratie gezogen zu werden, war groß – schließlich hätten große Unternehmen ihre Prüfpflichten an Zulieferer weitergereicht. Das bleibt zwar auch weiterhin Realität, doch der Umfang der Sorgfaltspflichten dürfte nun deutlich geringer ausfallen als erwartet.

Vor allem die Streichung der zivilrechtlichen Haftung auf EU-Ebene nimmt heimischen Betrieben Druck. Die ursprünglich geplante Klagemöglichkeit für Opfer von Menschenrechtsverletzungen hätte auch für kleine Zulieferer weitreichende Dokumentations- und Absicherungsprozesse erfordert. Für viele Unternehmen in Österreich, die in wirtschaftlich angespannten Zeiten kämpfen, ist die nun vereinbarte Entlastung ein dringend benötigtes Signal.

Die Kehrseite: Menschenrechts- und Umweltorganisationen sprechen von einer Entkernung des eigentlichen Ziels der Richtlinie. Denn künftig müssen Unternehmen nur noch direkte Geschäftspartner und Tochtergesellschaften prüfen – tiefere Ebenen globaler Lieferketten bleiben weitgehend unberührt. Experten warnen, dass genau dort die größten Risiken für Kinderarbeit, Zwangsarbeit oder Umweltverstöße liegen.

Deregulierung als neues Leitmotiv

Auch die Pflicht zur Erstellung von Klimahandlungsplänen entfällt. Die Einigung wurde nicht zuletzt von wirtschaftspolitischen Erwägungen getragen. Nach Jahren der Debatten über Überregulierung will die EU nun ein Signal der Entlastung setzen – und sendet es deutlich. ÖVP-Europaabgeordneter Lukas Mandl spricht bereits vom „ersten Deregulierungspaket“, das Vertrauen zurückgewinnen solle. Angesichts schwacher Konjunktur, hoher Energiekosten und angespannter Märkte verfolgt Brüssel offenbar das Ziel, Unternehmen wieder mehr Handlungsspielraum zu verschaffen.

Zwischen Erleichterung und Risiko

Für Österreichs Betriebe ist die neue Linie ein Gewinn – weniger Dokumentationspflicht, weniger Haftungsrisiko, weniger Komplexität. Gleichzeitig bleibt die übergeordnete Frage ungelöst: Wie viel Verantwortung soll Europa in globalen Lieferketten tatsächlich übernehmen?

Die abgeschwächte CSDDD spart Aufwand und Kosten. Was für Unternehmer eine Erleichterung ist, bedeutet im weltweiten Kontext womöglich weniger Schutz für jene, die vom Welthandel ausgebeutet werden.

(APA/red)

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Beitrag teilen

Das könnte Sie auch interessieren

Weitere Themen