Termiten bauen bei Krankheiten ihr Nest um
Termiten nutzen ihre Neststruktur als natürliche Barriere gegen Erreger und verringern so die Ansteckungsgefahr.

Dass räumliche Distanz Infektionen bremsen kann, wissen Menschen seit Jahrhunderten – von den Pestquarantänen des Mittelalters bis zu Pasteur, der Isolation und Abstand erstmals wissenschaftlich begründete.
Was beim Menschen Quarantäne und Abstandhalten bedeutet, geschieht im Tierreich oft automatisch: Soziale Insekten verfügen über komplexe Strategien, um Infektionen in ihren Kolonien zu bremsen. Ähnlich ist das auch bei den Termiten. Bei Arten, die in Millionenkolonien leben, ist diese sogenannte „soziale Immunität“ besonders ausgeprägt. Sie umfasst gemeinschaftliches Putzen, das Entfernen von Kadavern und sogar die chemische Desinfektion des Nestmaterials.
Um sich nicht bei kranken Artgenossen anzustecken, reagieren Termiten mit Anpassungen an ihrer Neststruktur. Engere oder längere Tunnelgänge helfen, den Kontakt zwischen gesunden und infizierten Insekten zu verringern und Krankheitsausbrüche einzudämmen.
Architektur als Abwehrmechanismus
Forscherinnen und Forscher der University of Florida um Dr. María Esparza-Mora konnten zeigen, dass die Struktur eines Termitenbaus selbst als Schutzmechanismus wirkt. In einem Laborversuch mit der nordamerikanischen Untergrundart Reticulitermes flavipes stellten sie fest, dass Kolonien, die in komplexeren Nestarchitekturen leben, deutlich geringere Sterblichkeit zeigen, wenn sie mit dem Pilz Metarhizium anisopliae konfrontiert werden. Das Ergebnis wurde 2024 beim Annual Meeting der Society for Integrative and Comparative Biology vorgestellt.
Die Forschenden beobachteten, dass Termiten auf erhöhte Infektionsgefahr nicht nur mit Verhaltensänderungen reagieren, sondern offenbar auch mit feinen baulichen Anpassungen. In künstlichen Versuchsnestern variierten sie die Abstände zwischen Kammern und Tunneln – mit deutlichen Folgen für das Infektionsgeschehen. Je länger und verschlungener die Gänge, desto seltener kam es zu Sekundärinfektionen.
Eine direkte Beobachtung aktiver Umbauten während einer laufenden Infektion gibt es bislang zwar nicht. Doch Fachleute vermuten, dass die Tiere ihre Bauten dynamisch an Umweltreize anpassen können – ähnlich wie Ameisen, deren architektonische Reaktion auf Krankheit 2025 von Luke Leckie an der University of Bristol beschrieben wurde. Auch bei Termiten könnte dieses Prinzip greifen, nur mit langsamerer Dynamik und stärkerer Materialbindung.
Antimikrobielles Baumaterial
Hinweise auf eine physische Krankheitsabwehr liefern auch andere Arbeiten: Bereits 2013 zeigte Thomas Chouvenc vom Fort Lauderdale Research Center, dass Termiten ihren eigenen Kot zum Bau von Wänden und Kammern verwenden – ein Material, das durch symbiontische Bakterien antimikrobielle Eigenschaften erhält. Der Termitenbau wirkt damit wie ein biologisches Schutzschild gegen Krankheitserreger.
„Das Nest ist nicht nur Lebensraum, sondern auch Teil des Immunsystems“, schrieb das Forscherteam damals in den Proceedings of the Royal Society B. Diese Erkenntnis gilt als Grundstein für das heutige Verständnis sozialer Immunität – kollektive Abwehrmaßnahmen, die Verhalten, Chemie und Architektur vereinen.
Von der Natur lernen
Für Epidemiologinnen und Architekturforscher gleichermaßen sind solche Beobachtungen von Interesse. Sie zeigen, dass räumliche Struktur selbst zur Gesundheitsprävention beitragen kann – ein Gedanke, der in der Pandemiebewältigung des Menschen längst eine Rolle spielt. Die Termiten liefern somit ein Modell, wie biologische Systeme über viele Generationen Wege gefunden haben, mit Krankheit umzugehen – nicht durch Medikamente, sondern durch Design.
(PA/red)