Wenn der Airbag zur Todesfalle wird

Frankreich verhängt absolutes Fahrverbot für 800.000 Autos mit Airbags des insolventen Herstellers Takata.

25.06.2025 17:00
Redaktion
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Ein defekter Airbag hat in Frankreich ein Menschenleben gekostet – nun zieht die Regierung Konsequenzen. Hunderttausende Fahrzeuge dürfen nicht mehr auf die Straße, bis lebensgefährliche Teile getauscht wurden.

Sicherheitsrisiko hinterm Lenkrad

Nach einem tödlichen Unfall in Reims, bei dem eine Frau durch ein explodierendes Airbag-Bauteil ums Leben kam, hat Frankreichs Verkehrsaufsicht ein Fahrverbot für rund 800.000 Fahrzeuge ausgesprochen. Die betroffenen Autos enthalten Airbags des insolventen japanischen Herstellers Takata, dessen Bauteile bereits in der Vergangenheit für Schlagzeilen sorgten.

Laut Ermittlungsbehörden war im verunglückten Citroën C3 eine elf Jahre alte Gaskartusche explodiert, wodurch ein Metallstück herausgeschleudert wurde – mit tödlichem Ausgang für die Lenkerin. Eine Regierungssprecherin sprach von einer dringenden Vorsichtsmaßnahme. Das Verbot gilt für alle Fahrzeuge mit Takata-Airbags, die bis 2011 erstmals zugelassen wurden.

Millionen Autos weltweit betroffen

Die Airbag-Probleme von Takata sind nicht neu: Schon 2019, als der Konzern Insolvenz anmeldete, war von weltweit 125 Millionen möglicherweise betroffenen Fahrzeugen die Rede. In Frankreich allein wurden seither rund 2,5 Millionen Autos zurückgerufen, von denen 1,7 Millionen nicht mehr gefahren werden dürfen, bis die kritischen Bauteile ersetzt sind.

Verkehrsminister Philippe Tabarot betonte, der Rückruf gelte unabhängig vom Alter des Fahrzeugs: „Sicherheit hat Vorrang – jedes Auto mit diesen Kartuschen muss in die Werkstatt.“

Wie hoch ist das Risiko?

Ein defekter Airbag – wie im Fall Takata – birgt zweifelsfrei ein tödliches Risiko: In den USA etwa wird geschätzt, dass zwischen 1990 und 2000 infolge von Airbag-Auslösungen rund 175 Menschen ums Leben kamen, während über 6.000 Leben durch Airbags insgesamt gerettet wurden. Statistisch gesehen senken Airbags in Kombination mit Sicherheitsgurten die Sterblichkeit bei Frontalcrashs um mehr als 80 % .

Das Risiko, ganz auf das Auto zu verzichten, ist nicht ungleich geringer: In Europa liegen die Verkehrstoten bei Fußgängern bei rund 7 pro 100 Millionen zurückgelegter Kilometer, bei Radfahrern bei etwa 6, bei Autofahrern jedoch nur bei 0,7–0,8. Gleichzeitig sterben in der EU jährlich rund 2.000 Radfahrer und eine noch deutlich höhere Zahl Fußgänger im Straßenverkehr. In Deutschland, Österreich oder der Schweiz ist das Risiko, zu Fuß oder per Rad unterwegs zu sein, pro Kilometer also deutlich höher als mit einem modernen Airbag‑ und Gurt‑ausgestatteten Pkw.

Tatsächlich mag es auf den ersten Blick paradox erscheinen: Wer wegen eines defekten Airbags auf das Auto verzichtet, steigt statistisch gesehen in ein unsichereres Verkehrsmittel um. Denn pro zurückgelegtem Kilometer ist das Risiko, als Fußgänger oder Radfahrer tödlich zu verunglücken, deutlich höher als im Auto – vorausgesetzt, dieses ist technisch in Ordnung. Doch genau darin liegt der Knackpunkt: Ein fehlerhafter Airbag wie im Fall Takata kann aus einem banalen Auffahrunfall eine tödliche Katastrophe machen. Während funktionierende Airbags nachweislich Leben retten und das Sterberisiko bei Frontalcrashs drastisch senken, verwandelt sich ein defektes System in eine unkalkulierbare Gefahr – mit tödlichen Folgen selbst bei vergleichsweise leichten Unfällen.

Deshalb gilt: So lange ein potenziell lebensgefährliches Bauteil verbaut ist, überwiegt das Risiko – und das Fahrverbot ist nicht nur verständlich, sondern notwendig.

(APA/red)

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